Ich finde es gut, wenn man von Zeit zu Zeit mal über den Umgangston im Forum spricht. Auch wenn wir vermutlich alle wissen, dass es wahrscheinlich wenig verbessern wird und die Gefahr besteht, dass ein solcher Thread gleichzeitig eine hervorragende Bühne für diejenigen ist, denen gar nicht an einer Verbesserung gelegen ist. Eine solche Bühne bietet aber fast jeder Thread der eine gewisse Sichtbarkeit erzielt.
Ich gehe mal auf ein paar Punkte ein und formuliere zum Ende hin meine Gedanken zu einer Verbesserung.
Man spricht immer zu schnell von den Anderen. Unter uns Sextouristen und "allgemeinen Asienfans" gibt es nach meiner Meinung ein großes Defizit zur Selbstreflexion. Es wird immer ganz schnell etwas eingefordert was man möglicherweise selber gar nicht leistet. Andere Meinungen, auch in einer schärferen Formulierung, muss ich in einem öffentlichen Forum ertragen können. Möchte ich mich nur mit Menschen unterhalten, die so denken wie ich, dann muss ich eine Facebook/Line Gruppe o.ä. gründen. Ich kann nicht einfordern, dass Member wegen einer anderen Meinung aus dem Forum geschmissen werden und ich kann auch nicht verlangen, dass ich mir ihre Meinung nicht mehr angezeigt wird. Damit positioniere ich mich klar gegen die Ignore Funktion. Eine solche Funktion war nie im Sinn von Diskussionsforen. Hätte man das gewollt, dann hätte man direkt ein ausgeklügeltes Rechtemanagement mit Gruppenräumen entwickelt. Das ist eine Funktion die mal so hinterher geschoben wurde und die nun das Gefühl verleiht, man könne sich vor anderen Meinungen schützen und seine eigene heile Welt aufbauen. Warum sage ich das? Weil die Funktion trügt, denn die Diskussion findet ja trotzdem statt. Früher oder später knallt es.
Ich bin seit über 8 Jahren in beiden großen Thailand Foren sehr aktiv unterwegs. Ich habe nie einen einzigen Member technisch geblockt. Wenn ich merke, dass jemand nur Stänkern will, dann lasse ich ihn ins Leere laufen. Wie im echten Leben. Ich reagiere nicht. Damit nimmt man ihnen die Bühne. Entweder ziehen sie sich zurück oder sie schäumen über vor Wut und gehen auf vollen Eskalationskurs. Dabei zeigen sie dann meist ihr wahres Gesicht, ganz ohne Etikette, und diskreditieren sich für eine weitere Teilnahme im Forum selbst. Das endet dann nicht selten mit einem Rausschmiss. Und sehr ähnlich würde das auch in der analogen Welt ablaufen. Solche Charaktere dürften nicht viele Freunde haben.
Leute, wenn hier alle mit ihren Echtnamen wären, wäre der Umgang miteinander auch viel besser.
Es gehört schon seit Jahrtausenden zum guten Ton, sich vorzustellen, selbst seinen Feinden gegenüber, als Zeichen von gegenseitigem Respekt, aber auch als stete Erinnerung, daß alles, was man sagt oder tut, früher oder später Konsequenzen für einen selber oder die Familie haben wird, gute wie schlechte.
Gelegenheit macht Diebe und Anonymität macht Trolle.
Ein anständiger Mensch wird auch in der Anonymität ein gutes Benehmen an den Tag legen, während eine eher "lichtscheue Gestalt" da erst ihr wahres Gesicht zeigt.
Diesen Punkt sehe ich etwas anders. Das Argument kenne ich und es poppt alle paar Monate wieder in der öffentlichen Diskussion auf, wenn es zum Beispiel um Hate Speech in sozialen Netzwerken geht. Es wird in dieser Diskussion aber oft vergessen, dass es auch schon immer in der analogen Welt die Möglichkeit gab gewisse Dinge anonym zu tun. Jeder Mensch hat in einem Rechtsstaat das Recht auf Geheimnisse. Gehe ich in meiner Stadt in einen Club oder ins Brauhaus, dann laufe ich nicht mit einem T-Shirt herum, auf dem meine Identität steht und schon gar nicht registriere ich mich beim Betreten öffentlicher Räume mit meiner Identität. Weder mit wem ich spreche noch über was ich spreche, wird aufgezeichnet. In der digitalen Welt, findet das alles automatisch statt und diese Daten zu schützen ist fast unmöglich, wie wir aus aktuellen Hackerangriffen und Datenleaks wissen. Zudem ist mein digitaler Fußabdruck nicht auf eine Plattform beschränkt, dank Big Data kann ein komplettes Lebensprofil erstellt werden. Eine Transparenz, die man mit Klarnamen im Internet erreicht ist, also nicht vergleichbar mit einer Diskussion mit Klarname am Stammtisch oder im Fußballverein. Dort kennen mich nur ein paar Leute persönlich.
Ich kenne das Argument "ist mir doch egal, ich habe nichts zu verbergen". Persönlich fände ich es bedauerlich, wenn ich so gar nichts zu verbergen hätte, das ist meine persönliche Ansicht. Ich denke aber man muss anderen Menschen dieses Recht auf jeden Fall zugestehen. Ganz allgemein und in einem Forum, in dem es um Sextourismus geht, hat sicherlich nicht jeder die Möglichkeit oder das Interesse, dass sein privates und berufliches Umfeld davon erfährt. Wichtig zu erwähnen wäre auch noch, dass es zum Beispiel auch auf Twitter viel Hass, trotz Klarnamen gibt.
Wie könnte man das miteinander angenehmer gestalten? In der Pandemie gibt es viele Diskussionen, die sich vom Schwerpunkt des Forums verschoben haben. Bei einer Diskussion z.B. über günstige Business Class Flugtickets, ist das Ziel sehr klar. Wenn es aber Themen sind bei denen man schnell auch aus politischer, moralischer, ideologischer usw. Motivation argumentiert, dann ist die Zielsetzung nicht mehr deutlich. Das sieht man z.B. in Diskussionen zu Corona oder zu den Demokratie-Protesten in Thailand. Hier ist dann auch die Gefahr am größten, dass Member sich verbal verprügeln.
Wenn ich an einem internationalen Kongress teilnehme, dann werden als Erstes die Spielregeln festgelegt. Es gibt einen Code of Conduct. Wie geht man miteinander um. Jetzt mag man sich fragen, warum das überhaupt notwendig ist. Ich sitze da doch bestimmt mit vernünftigen, halbwegs gebildeten und erwachsenen Menschen zusammen. Das ist schon richtig, aber jeder kommt aus einem anderen Land, es gibt unterschiedliche Religionen, die Menschen werden anders sozialisiert usw.
Herkunft und Religion spielen hier im Forum natürlich weniger eine Rolle, aber die Art wie wir sozialisiert wurden und wie wir gelernt haben mit anderen umzugehen ist höchst unterschiedlich. Was ist das Ziel einer Diskussion? Wie führe ich eine Diskussion? Es mag ziemlich uncool und weit hergeholt klingen, aber so ein paar Leitlinien und Umgangsformen, die man vorgibt, halte ich schon für sinnvoll. Forenregeln sind hart formulierte "Gesetze". Es fehlt noch etwas eine Ebene tiefer, Leitlinien - ein Code of Conduct oder wie immer man das nennen mag. Ich kann jede Diskussion trashen und trotzdem gegen keine Forenregel verstoßen. Wenn ein Mod das alles verfolgt, dann wird er vielleicht tätig. Als Member frage, ich mich, ob ich die Person mal darauf hinweisen soll, aber eigentlich gibt es keine Grundlage. Gibt es Leitlinien, dann geht das schon eher und man kann vielleicht einen Konsens erzeugen.