@Detok :
...deine Replik ist polemisch pointiert, und ich erkenne darin einen berechtigten Skeptizismus gegenüber internationalem Recht. Aber gerade weil du das Thema ernst nimmst, erlaube mir eine ebenso ernsthafte Entgegnung auf rechtswissenschaftlicher Grundlage. Denn was du da beschreibst – sinngemäß:
Völkerrecht sei freiwilliger Firlefanz, aus dem man austreten könne, wenn man keine Lust mehr habe – mag aus Sicht machtpolitischer Realpolitik eingängig wirken, ist jedoch aus juristischer Sicht nur sehr begrenzt haltbar.
Das Pariser Klimaabkommen ist ein multilateraler völkerrechtlicher Vertrag gemäß Art. 2 ff. der Wiener Vertragsrechtskonvention. Es verpflichtet seine Vertragsstaaten rechtsverbindlich zur Einhaltung der dort verankerten Klimaziele – insbesondere zur Vorlage nationaler Klimaschutzpläne und zur regelmäßigen Überprüfung der Fortschritte. Das ist kein politisches Wunschkonzert, sondern die Umsetzung des völkerrechtlichen Prinzips
pacta sunt servanda – also: Verträge sind einzuhalten.
Wer sich einem Vertrag freiwillig anschließt und diesen ratifiziert, erklärt damit rechtsverbindlich, dass er dessen Regeln beachtet. Die bloße Möglichkeit eines Austritts – die übrigens auch im nationalen Recht existiert, etwa bei Gesetzeskündigungen oder dem Brexit – hebt die Verbindlichkeit der Norm bis zum Austritt nicht auf.
Du sagst, es gäbe keine echten Konsequenzen. Doch das ist ein Missverständnis. Völkerrecht funktioniert nicht primär über Zwang wie im Strafrecht, sondern über politische, wirtschaftliche und diplomatische Mechanismen: etwa Reputationsverlust, Druck durch Handelspartner, Ausschluss von Abkommen oder Klagen vor UN-Gremien. Und nicht zuletzt über innenpolitischen Druck – wie wir ihn in Deutschland erlebt haben mit dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts von 2021.
Dort wurde klargestellt, dass die Pariser Klimaziele auch verfassungsrechtliche Relevanz haben und die Freiheitsrechte künftiger Generationen betreffen.
Du sprichst davon, dass Staaten tun und lassen können, was sie wollen. Doch wenn man das als Argument gelten lässt, macht man internationales Recht insgesamt bedeutungslos. Dann könnte auch ein Staat Atomwaffenverträge oder Handelsverträge ignorieren, ohne dass das rechtlich zählt. Das wäre eine Rückkehr zum Faustrecht – und sicher nicht im Sinne einer kooperativen Weltordnung.
Hinzu kommt, dass du in deiner Argumentation einen logischen Zirkelschluss einbaust: Wenn du sagst, das Abkommen sei nutzlos, weil man austreten könne, dann müsstest du auch jeden anderen multilateralen Vertrag als wertlos bezeichnen. Denn aus allen kann man theoretisch austreten. Trotzdem tut man es in der Regel nicht – weil die Folgen real sind.
Die Schweiz hat das Pariser Abkommen ratifiziert.
Das war ein bewusster Schritt. Sie hat sich damit zur Umsetzung verpflichtet. Dass ein konkretes CO2-Gesetz in einer Volksabstimmung scheitert, hebt diese Verpflichtung nicht auf, sondern zeigt das Spannungsverhältnis zwischen direkter Demokratie und völkerrechtlicher Bindung. Dieses Spannungsverhältnis löst sich aber nicht durch Ignorieren auf, sondern durch rechtlich fundierte Umsetzung und politische Verantwortung.
Und zuletzt zur Behauptung, Deutschland sei ein abschreckendes Beispiel: Das ist ein gern kolportiertes Klischee, aber empirisch schwer haltbar. Deutschland ist das erste Land, dessen oberstes Gericht den Klimaschutz aus dem Pariser Abkommen ausdrücklich in die verfassungsrechtliche Ordnung eingebettet hat – und entsprechende Nachbesserungen im Gesetz verlangt hat. Das ist kein Symbol für Scheitern, sondern für rechtsstaatliche Ernsthaftigkeit im Umgang mit internationalen Verpflichtungen. Es mag sein, dass andere Länder das noch nicht leisten oder leisten wollen – aber daraus folgt nicht, dass das deutsche Beispiel abschreckt. Sondern eher, dass es unbequeme Maßstäbe setzt. Und Vorreiterrollen sind selten beliebt.
Wenn du das Abkommen als Firlefanz bezeichnest, negierst du letztlich das gesamte System völkerrechtlicher Verpflichtungen. Und das ist ein Zynismus, den du bei deiner intellektuellen Klarheit vermutlich selbst nicht gelten lassen willst.
Meine Bitte wäre, dass Du die Realität schlicht zur Kenntnis nimmst (Thailand wird die Klimaziele auch durch CO2 - Bepreisung angehen und der Klimawandel hat Südostasien klar im Griff - on das nun gefällt oder nicht: es ist so) und daraus pragmatische Schlussfolgerungen ableitest - das sollte mein Motiv hier ausdrücken und deshalb möchte ich trotz meines Respektes diese Diskussion an dieser Stelle in diese Richtung nicht weiter verfolgen sondern bitten, bei der Sache zu bleiben.
Zur Sache ;-)
In diesem Sinne:
Herzliche Grüße in die Schweiz!