Passend zum Thema:
[FONT=Times New Roman, serif]Abschiedvon Paul[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Leichtwar er nicht dieser Abschied, eher sauschwer, im Grunde genommen
eineEntscheidung auf Leben und Tod.[/FONT]
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Zumalich ihm nicht wirklich aus dem Wege gehen kann. Schreiben kann ichjetzt erst über meine Zeit mit ihm, jetzt da ich schon eine Weileohne ihn lebe und ich mich wieder besser fühle.[/FONT]
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Unsereersten Begegnungen hatten die beglückende Leichtigkeit desZufälligen, eher Beiläufigen. Er war der elegante Partylöwe, derverständnisvolle Zuhörer, der Freund, der Dich lächelnd umarmt,der Kumpel, der alles mitmacht. Die Schwere des Lebens schien fürkurze Zeit von meinen Schultern genommen und Duft der Freiheit, eineleichte Brise, streifte hell mein Gemüt. Lachen war plötzlichleicht und alles schien möglich. Die Feste auf denen wir unsbegegneten verloren ihre öde Zwanghaftigkeit.
Ich begannschnell seine Gegenwart zu suchen, jeder Anlass war mir recht, dochschon wollte ich dies nicht offensichtlich werden lassen, denn baldhatte ich gemerkt
dass durchaus nicht alle Menschen in meinerUmgebung seine Gegenwart als so erleichternd und beglückendempfanden wie ich, und mich mitunter mit irritierten, missbilligendenBlicken streiften. Dieses Gefühl, irgendetwas falsch zu machen,verlor sich schnell, wenn er mir lächelnd zu prostete. Schließlich,was machte das schon aus, im Vergleich zu diesen Glücksmomenten.[/FONT]
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Undda die Tage ohne seine Gegenwart mir bald öde und leer erschienen,lud ich ihn zu mir nach Hause ein. Er war ein zuverlässigerGesellschafter, ein Highlight am Ende des Tages, und ein treuerBegleiter in den Schlaf. Er machte mein Leben lebenswert. Was ich amTage zu tun hatte, tat ich lustlos und eilig, denn zu Hause wartetePaul.[/FONT]
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KeineLangeweile mehr, keine Einsamkeit, kein Stress, kein Ärger nur einsanftes dahinfließen bis in die Träume. Ich mochte nicht mehr ohneihn sein. Er war mein heimlicher Joker, der Trumpf im Ärmel fürjede Gelegenheit.[/FONT]
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JedeBegegnung mit ihm rief nach mehr, vielleicht gab es noch mehr Glück,Freiheit,
Leichtigkeit, vielleicht konnte ich fliegen.[/FONT]
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Andererseitsschien sich die Welt um mich herum zu verändern. Das Leben erschienmir mehr und mehr mühselig, die Farben der Welt wurden blasser, dieMenschen
in meiner Umgebung begegneten mir plötzlich mitMisstrauen. Glücksmomente,
wie ich sie von früher kannte,stellten sich nicht mehr ein. Ich fühlte mich mit denSchwierigkeiten des Alltags überfordert und zog mich zurück.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Dakonnte nur noch Paul helfen. Paul konnte mich von dem Allen befreien,nicht langfristig, sondern eher für Momente. Aber so wusste ichwenigstens, dass diese Momente möglich waren, und ich benötigte siedoch so dringend. Wie denn sollte ich weiterleben, ohne Licht am Endedes Tunnels.[/FONT]
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MeineFreunde zogen sich zurück. Ich hatte keine Lust mehr irgendetwas zuunternehmen, brauchte ich ja auch nicht. Ich hatte ja Paul! Und Paulwar jetzt fast immer bei mir. Doch ich veränderte mich und unserVerhältnis veränderte sich. Ich verheimlichte die Beziehung zu ihm,fühlte mich ständig misstrauisch kontrolliert. Es war als wenn dieMenschen mir mein Verhältnis zu ihm ansahen, ja riechen konnten.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Ichbegann die Blicke zu senken und meinen Kopf in eine andere Richtungzu drehen, wenn ich mit Jemandem sprach. Die Beziehung zu Paul hatteschon lange ihre Leichtigkeit eingebüßt. Ich brauchte ihn jetzt,konnte nicht mehr ohne ihn sein. Er strafte mich, indem erunzuverlässig wurde, und ich entdeckte Seiten an ihm, die ich zuvornicht wahrgenommen hatte.[/FONT]
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SeineGegenwart war nun nur noch selten beglückend, stürzte mich manchmalin abgrundtiefe Traurigkeit und Verzweiflung. Nachts erwachte ich oftschweißgebadet und musste mich zitternd an ihn klammern. Die Morgenbegannen elend. Übelkeit Ängste und tiefe Mutlosigkeit schütteltenmich. Doch auch da half dann wieder Paul, nur Paul! Ich ging nichtmehr ohne ihn aus dem Haus, fürchtete mich ohne ihn zu sein,verbrachte den Tag damit, dafür zu sorgen, dass er da war. Ichwollte nicht einsehen, dass er der Verursacher meines Elends war. Erwar doch der Einzige, der mir helfen konnte, erlöste mich von meinenLeiden, tröstete mich. Ich glaubte, einen wahren Freund gefunden zuhaben.[/FONT]
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Meinkörperlicher und psychischer Zustand verschlechterten sich weiter.Meine Verfassung war erbärmlich. Die meiste Zeit verbrachte ich ineinem dumpfen Dämmerzustand, der nichts erleichterndes mehr hatte.Mitunter schwante mir, dass mein Verhältnis zu Paul, kein normaleswar. Ich konnte nicht mehr ohne ihn leben, und das war nicht gut so.Ich musste dieses Verhältnis wieder unter Kontrolle bekommen. Ichbegann mit Paul zu kämpfen, versuchte unser Zusammenseineinzuschränken. Manchmal gewann ich, vielleicht für einen Tag.Kehrte dann verzweifelt zu ihm zurück.[/FONT]
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Mitleidwar nicht sein Ding. Er hatte mich und wollte mich auch nicht mehrloslassen. Mich beherrschte bald nur noch ein Gedanke: DieseBeziehung endlich unter Kontrolle zu bekommen. Ich verlor undversuchte es, und verlor und versuchte es, wieder und wieder. Ichverbrachte Jahre damit. Und immer noch gab ich ihm keine Schuld.Seinen Verrat habe ich fast zu spät bemerkt.[/FONT]
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Ichweiß heute noch nicht woher der klare Moment kam, der mirschonungslos die Wahrheit offenbarte. Ich sah mich in meinem Elendund erkannte plötzlich seine Rolle.[/FONT]
[FONT=Times New Roman, serif]Hinterseinem harmlosen Lächeln verbirgt sich ein absolut zerstörerischerCharakter.
Die Rechnung für seine scheinbar so freundlichenDienste ist horrend. Ich zahlte mit lebensgefährlicher Währung, mitmeiner Seele, mit meiner Gesundheit, mit meinen sozialen Beziehungen,mit meinen Fähigkeiten, mit meiner Würde, kurz mit allem, was michals Mensch ausmachte. Es ist die höchste Rechnung, die überhauptpräsentiert werden kann, denn letztendlich wollte er mein Leben under gibt niemals auf.
Auf der Suche nach Hilfe hat man mirgesagt, dass man diese Art Beziehung nicht kontrollieren kann, unddass es nur einen Weg zurück ins normale Leben gibt, die Trennungund nur die absolute Trennung, ohne jeglichen Kontakt. Es erschienmir unmöglich. Ich wehrte mich verzweifelt gegen diese Einsicht.[/FONT]
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Ichversuchte es weiter mit Paul, ich verlor weiter gegen Paul, ich sahein, dass ich verloren hatte. Ich beschloss mich von Paul zu trennen.[/FONT]
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Ichdurchlebte eine schwierige Zeit. Psychisch und körperlich am Endebrauchte ich
lange Zeit bis ich mich erholt hatte. Der Weg zurückins Leben war mühsam, und ich musste ihn in ganz kleinen Schrittengehen. Ich habe wieder gelernt meinen Fähigkeiten zu vertrauen, ichhabe lieben, lachen, weinen, leben neu gelernt und langsam hat dieWelt wieder ihre Farben. Ich hoffe, dass es so bleibt.[/FONT]
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Ganzsicher kann ich nie sein, denn Paul begegnet mir überall, in jedemSupermarkt in jedem Restaurant auf jeder Feier und manchmal sogarbeim Mittagessen. Paul hat viele Namen, heißt vielleicht Vin rouge,Chantre, Jim Beam oder Jever. Er hat viele Gesichter, aber er istimmer derselbe und seine Bekanntschaft kann tödlich sein!
stay dry!
IQ-SAN
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