In den frühen Abendstunden des 2.3.2007 machten wir uns von Petchabun aus auf, um im ca.50 km weiter gelegenen Lom Sak die Eltern meiner Jintana zu besuchen.
Etwa auf halber Strecke, wir hatten die Ortschaft Nang Ngua gerade hinter uns gelassen, machte ich vor uns auf der linken Kriechspur, ein recht gemächlich vorankommendes Moped aus, und setzte den Blinker meiner neuen Honda Wave, um dieses Fahrzeug auf der sonst freien Straße, zu überholen.
Kurz bevor ich diesen Vorgang jedoch abschließen konnte, steuerte die Fahrerin des 5-6m links vor mir befindlichen Fahrzeuges ohne den Blinker zu setzen (für den es ohnehin viel zu spät gewesen wäre), plötzlich selbstbewusst nach rechts, um dort in eine Seitenstraße abzuzweigen.
Ein Ausweichen war von meiner Position heraus unmöglich, so konnte ich gerade noch die Bremse ziehen (getreten habe ich sie natürlich auch) und versuchen, seitlich versetzt, den unvermeidlichen Aufprall etwas abzuschwächen.
So krachte es dann auch postwendend, und wir verließen unsere sicher geglaubte Sitzposition, um sie mit dem Asphalt des Straßenbelages zu vertauschen.
Ich hatte ohnehin vor ein wenig abzunehmen und mich von einem Teil meines Fettgewebes zu trennen.
Wie sich alsbald herausstellte, ist diese Methode zwar etwas ruppig, aber zweifellos ungemein effektiv.
So konnte ich, wie in einer Zeitlupensimulation dabei zusehen, wie sich die Haut meines Unterarmes, sowie das darunter befindliche Gewebe, als hingebungsvoller Abrieb dem Straßenbelag als Futter andiente.
Wenn man die Straße küsst, muss man somit dazu nicht zwingend den Helm abnehmen und die Lippen spitzen. Die symbiotische Nähe ist allgegenwärtig, und findet auch ohne dem reichhaltig statt.
Als die Welt rings um mich her wieder zu mir kam, erhaschte ich zuerst einen kurzen Blick auf unseren Pudel Willi, der aber als ich nach ihm rief, paradoxerweise, wie von Furien gehetzt, das Weite suchte. Er hatte während unserer Fahrt, wie so oft brav in seinem Körbchen vor mir gesessen, bis zu unserem unbeholfenen Stunt.
Jetzt kam mir "seltsamerweise" auch meine Frau Jintana in den Sinn, und ich orientierte mich halbkreisförmig, mit einer gespenstischen inneren Ruhe ausgestattet, um unheilsschwanger die nähere Umgebung nach ihr abzusuchen.
Wenige Meter hinter mir vernahm ich dann auch ein Stöhnen.
Jin lag mit zerrissener Jeansjacke halb auf dem Grünstreifen, und die Tränen standen ihr im schmerzverzerrten, aber immer noch hübschen Gesicht. “Djepp phuat maak, djepp phuat khaa (starke Schmerzen im Bein)!“stammelte sie fortlaufend, geschockt und völlig benommen.
Die ersten, obligatorischen und blutrünstigen Schaulustigen stellten sich ein.
Ich rappelte mich hoch, um zu meiner Süßen zu kommen, und wirklich, ich stand wenn auch blutend, aber noch völlig schmerzfrei, zittrig auf meinen zerschlissenen Beinen.
Äußerlich war bei Jin, bis auf eine kleine Schwellung, am linken, inneren Fußgelenk und ein paar unwesentliche, kleinere Hautabschürfungen keine Verletzung auszumachen. Aber zum Aufstehen war sie nicht zu bewegen, und sie jammerte zum Steinerweichen in einer Tour, die wir jetzt nicht mehr wie geplant fortsetzen konnten.
Der Wagen von der Ambulanz war Groteskerweise mit einer Schnelligkeit zur Stelle, als wenn er bereits auf uns gewartet hätte.
Ich gab einigen Leuten ein paar Anweisungen, den Hund betreffend. Jin hatte man bereits routiniert schon wenige Augenblicke später in das Innere des Krankenwagens verfrachtet, und ich humpelte jetzt dazu.
Eine mörderische, wohlweislich kaum durch unseren Zustand zu rechtfertigende Höllenfahrt begann. Mit großem Lallü Lallaa flogen wir mehr, als wir fuhren, dem Long Pajaban (Krankenhaus) Richtung Petchabun entgegen, währenddessen unser Sanitäter provisorisch, aber ebenso gekonnt, wie zweckdienlich unsere blutenden Wunden versorgte.
Der Fahrer preschte drauflos, als ging es darum, die ihm fehlenden Punkte für die WM von Freitod-Akrobaten gut zumachen.
Außer meiner Jin, die auf eine Tragbahre fixiert war, konnten ich und der uns beigestellte junge Mann, nirgends einen Halt finden. So schossen wir dann auch bei der ersten heftigen Vollbremsung, wie Torpedos durchs Wageninnere und ich landete beschwingt, passgenau auf dem lädierten Fußgelenk meiner Liebsten, deren Augen, nebst ihren Schmerzenslauten, ich noch nie zuvor eine solch bitter-böse Anklageschrift habe verlesen sehen.
Minuten später waren wir am Ziel und ich empfand eine gewisse Dankbarkeit dafür, dem Tod noch mal von der Fliehkraft geregelten Schippe springen zu dürfen.
Meine Süße wurde alsbald in die Röntgenabteilung geschoben, die von ihrer Joggingpartnerin
geleitet wurde, ich folgte ihr hinkend nach. Seltsamerweise nahm von meinen Wunden keiner auch nur die geringste Notiz, obwohl ich wie Frankensteins Neffe aussah.
Das Pflegepersonal glaubte wahrscheinlich, ich hätte mich an ihren Blutkonserven vergangen, oder im Ketchup gesuhlt.
Den Röntgenbildern war deutlich zu entnehmen, dass das Waden-, wie auch das Schienbein im Fußgelenkbereich gebrochen war und plattiert werden musste. Es stand also eine OP mit anschließendem Krankenhausaufenthalt bevor.
Die OP verlief, wie nicht anders zu erwarten, glatter als der Bruch selbst, denn die Ärzte in TH machen fürwahr einen guten Schnitt. Sie haben durch die Häufigkeit von Unfällen erhebliche Routine und sehen ihr Einkommen somit bestens gesichert.
Wir machten also für 800 Bath täglich ein Einzelzimmer fest, dass hier durchaus mit einem mittelklassigen Hotelzimmer zu vergleichen ist.
Abgesehen davon, dass die ganze Zeit über meine eigenen Wunden unversorgt blieben, lief alles wie am Schnürchen und wurde von Jins nächst jüngerer Schwester, die selbst Leiterin der Ambulanz der städtischen Klinik in Lom Sak ist, gesteuert.
Mittlerweile hatte sich auch der Rest der Familie, mit einem dazugehörigen Anwalt eingefunden, der mit mir zusammen am nächsten Morgen, nebst einem befreundeten, höheren Polizeioffizier, zur zuständigen Polizeidienststelle fahren wollte, um dort alles Protokollarische zu tätigen.
Er versicherte mir, dass ich nichts zu befürchten hätte, da er und seine Reputation schon alles zum Guten richten würde.
Nach einer Nacht, in der ich wegen meiner Selbstbehandlung und Jins Schmerzen kaum Schlaf gefunden hatte, erschien der Gute nun auch, wie verabredet pünktlich um 9.00 Uhr.
Wir fuhren los und lasen zwischendurch noch den befreundeten Polizisten auf, der sich als sehr freundlich erwies. Somit wähnte ich mich jetzt auf das Prächtigste präpariert, und konnte selbstbewusst zur Klärung des Unfallherganges schreiten.
Dieser schien ohnehin zweifelsfrei klar, und ich war mir zudem auch keinerlei Schuld bewusst.
Wie aber der weitere Verlauf zeigen sollte, gilt es hier in Thailand einem gewissen Selbstverständnis zu huldigen, welches beinhaltet, dass es tunlichst zu vermeiden ist, dem Bürger des Landes der Freien, einem Ausländer gegenüber mit Schuldzuweisungen zu beladen.
So wurde der Schaden am Fahrzeug des Unfallgegners, ebenfalls eine kleinere Honda, fixiert und ich anschließend gefragt, ob ich mit dessen Begleichung einverstanden wäre ?
Nun fiel es mir wie Schuppen in Größe von Lagerhallen von den Augen, was hier gespielt werden sollte, und mein Horizont verfinsterte sich postwendend, so als sollte es gleich glühende Kacke regnen.
Ich erwiderte also, dass ich keineswegs verstünde warum ich einen Schaden, wenngleich auch in geringer Höhe, begleichen sollte, den ich nachweislich gar nicht verursacht hatte, und erhielt von dem Beamten, unter Zustimmung des Familienanwaltes meiner Jin, zur Antwort, dass ich als Falang, das Thai-Recht (Grod Mai) eben nicht verstehen würde.
Ich wusste meinerseits nun zu vermelden, dass diese Form von Schadensregulierung wohl eher darauf rückschließen lässt, dass es ein Solches überhaupt nicht gäbe, worauf man sich äußerst
empört zeigte und der Tanai (Anwalt) mir ans aufgewühlte Herzchen legte, diesem Frevel zu entsagen und besser zu schweigen. Er bemühte dann sein Tolasapp Mütüü (Handy), mit dem er die Familie meiner Frau zur Unterstützung rief, um meine Läuterung herbeizuführen.
Wahrscheinlich habe ich die Welt noch nie richtig verstanden, nun aber mit Sicherheit erst recht nicht mehr, und obendrein war ich wohl auch noch mit dem nackten Hintern in ein geheiligtes Tabu gesprungen, für das man mich jetzt allseits schmähte.
20 Min. später fanden sich zwei der Schwestern meiner Liebsten ein, sprachen mit ihrem Cousin (dem Anwalt) und wandten sich dann mit der Bitte an mich, ich möge mich doch kompatibeler gestalten, es wäre alles bestens geregelt, und es liefe doch alles in meinem Sinne.
Ich gab an, dass es genau das nicht täte, und mein Verstand sähe sich in seiner Winzigkeit außer Stande zu begreifen, für einen Verkehrsunfall aufkommen zu müssen, den ich nicht verschuldet hätte. Zudem könne der Sachverhalt ja wohl unmöglich schon hinreichend geklärt sein, da bisher nicht einmal meine Frau dazu zeugenvernehmlich gehört wurde.
Nun hieß es plötzlich auch noch, die Unfallgegnerin habe doch aber angeben, den Blinker gesetzt zu haben, bevor sie uns über den Haufen fuhr. „Na, unter diesen Umständen trifft mich natürlich die volle Schuld, ich gestehe!“, kam nun dazu sarkastisch von mir zurück, wobei ich bitter-böse auflachte. Letzteres wurde jedoch von allen Umstehenden geschickt ignoriert, und meine Aussage mit größtem Eifer abgenickt.
Wenn ich nicht bezahle, würden es die Familienangehörigen für mich tun. Die Reparatur des Mopeds würde ohnehin die 1000 Bath-Grenze nicht überschreiten. Außerdem würde aus dem bereits aufgesetzten Protokoll hervorgehen, dass keinen von uns eine besondere Schuld trifft.
„Und wer bezahlt jetzt die Krankenhausrechnung meiner Jin ?“ erdreistete ich mich zu fragen.
Was man damit beantwortete, dass es darum ja gar nicht gehen würde, weil das völlig irrelevant sei.
Na, wunderbar ! Alles klar, alles bestens ! Das würde, nach souveräner Landessitte, letztendlich an mir als Falang hängen bleiben, da die dem Motorrad zugehörigen Standard- bzw. Pflichtversicherungen nur 15000 Bath für eine Behandlung umfassen würde.
Da aber auch, der mir beigestellte Rechtsbeistand das so für die beste Lösung hielt, unterschrieb ich, wenn auch unter Protest, das mir vorgelegte Schriftstück, während mir wutschnaubend der heiße Dampf aus den Nasenlöchern kochte, um somit auch meinen eigenen fahrbaren Untersatz ausgehändigt zu bekommen.
Die Reparaturkosten des gegnerischen Unfallfahrzeugs, incl. des unsrigen, kostete mickrige 380 Bath.
Was mich jetzt der ganze fragwürdige Spaß und das an mir praktizierte Exempel im Weiteren noch kosten wird, steht noch aus und wird später nachgereicht.
Wir alle scheuen zwar das Messer,
doch Scherereien sind nicht besser.
So kann man sich, auch ohne besondere Phantasiebegabung unschwer ausmalen, was mir das an Letzterem, ohne die von mir beschriebenen Beziehungen und meiner Sprachkenntnis eingebracht hätte.
Gruß,
Henk
P.S: Hätte fast vergessen lobend zu erwähnen:
Unser Willi wurde uns von Unfallhelfern etwa 1 Std. später zum Krankenhaus gebracht.
Er wies lediglich eine kleine Bisswunde auf, die ihm wohl als Fremder & Eindringling von der ortsansässigen Hundemafia beigebracht wurde.
Er war überglücklich, als ich ihn in Empfang nehmen konnte.
Wenigstens er kümmerte sich fürsorglich um meine Verletzungen,
indem er diese mit seiner Zunge großflächig säuberte.
(Er ist jetzt für die Zeit des Klinikaufenthaltes bei unseren Nachbarn untergebracht)
Toi, Toi, Toi ! Bisher ist noch keine, der sonst hier bei Schürfwunden üblichen Infektionen aufgeflammt.
Etwa auf halber Strecke, wir hatten die Ortschaft Nang Ngua gerade hinter uns gelassen, machte ich vor uns auf der linken Kriechspur, ein recht gemächlich vorankommendes Moped aus, und setzte den Blinker meiner neuen Honda Wave, um dieses Fahrzeug auf der sonst freien Straße, zu überholen.
Kurz bevor ich diesen Vorgang jedoch abschließen konnte, steuerte die Fahrerin des 5-6m links vor mir befindlichen Fahrzeuges ohne den Blinker zu setzen (für den es ohnehin viel zu spät gewesen wäre), plötzlich selbstbewusst nach rechts, um dort in eine Seitenstraße abzuzweigen.
Ein Ausweichen war von meiner Position heraus unmöglich, so konnte ich gerade noch die Bremse ziehen (getreten habe ich sie natürlich auch) und versuchen, seitlich versetzt, den unvermeidlichen Aufprall etwas abzuschwächen.
So krachte es dann auch postwendend, und wir verließen unsere sicher geglaubte Sitzposition, um sie mit dem Asphalt des Straßenbelages zu vertauschen.
Ich hatte ohnehin vor ein wenig abzunehmen und mich von einem Teil meines Fettgewebes zu trennen.
Wie sich alsbald herausstellte, ist diese Methode zwar etwas ruppig, aber zweifellos ungemein effektiv.
So konnte ich, wie in einer Zeitlupensimulation dabei zusehen, wie sich die Haut meines Unterarmes, sowie das darunter befindliche Gewebe, als hingebungsvoller Abrieb dem Straßenbelag als Futter andiente.
Wenn man die Straße küsst, muss man somit dazu nicht zwingend den Helm abnehmen und die Lippen spitzen. Die symbiotische Nähe ist allgegenwärtig, und findet auch ohne dem reichhaltig statt.
Als die Welt rings um mich her wieder zu mir kam, erhaschte ich zuerst einen kurzen Blick auf unseren Pudel Willi, der aber als ich nach ihm rief, paradoxerweise, wie von Furien gehetzt, das Weite suchte. Er hatte während unserer Fahrt, wie so oft brav in seinem Körbchen vor mir gesessen, bis zu unserem unbeholfenen Stunt.
Jetzt kam mir "seltsamerweise" auch meine Frau Jintana in den Sinn, und ich orientierte mich halbkreisförmig, mit einer gespenstischen inneren Ruhe ausgestattet, um unheilsschwanger die nähere Umgebung nach ihr abzusuchen.
Wenige Meter hinter mir vernahm ich dann auch ein Stöhnen.
Jin lag mit zerrissener Jeansjacke halb auf dem Grünstreifen, und die Tränen standen ihr im schmerzverzerrten, aber immer noch hübschen Gesicht. “Djepp phuat maak, djepp phuat khaa (starke Schmerzen im Bein)!“stammelte sie fortlaufend, geschockt und völlig benommen.
Die ersten, obligatorischen und blutrünstigen Schaulustigen stellten sich ein.
Ich rappelte mich hoch, um zu meiner Süßen zu kommen, und wirklich, ich stand wenn auch blutend, aber noch völlig schmerzfrei, zittrig auf meinen zerschlissenen Beinen.
Äußerlich war bei Jin, bis auf eine kleine Schwellung, am linken, inneren Fußgelenk und ein paar unwesentliche, kleinere Hautabschürfungen keine Verletzung auszumachen. Aber zum Aufstehen war sie nicht zu bewegen, und sie jammerte zum Steinerweichen in einer Tour, die wir jetzt nicht mehr wie geplant fortsetzen konnten.
Der Wagen von der Ambulanz war Groteskerweise mit einer Schnelligkeit zur Stelle, als wenn er bereits auf uns gewartet hätte.
Ich gab einigen Leuten ein paar Anweisungen, den Hund betreffend. Jin hatte man bereits routiniert schon wenige Augenblicke später in das Innere des Krankenwagens verfrachtet, und ich humpelte jetzt dazu.
Eine mörderische, wohlweislich kaum durch unseren Zustand zu rechtfertigende Höllenfahrt begann. Mit großem Lallü Lallaa flogen wir mehr, als wir fuhren, dem Long Pajaban (Krankenhaus) Richtung Petchabun entgegen, währenddessen unser Sanitäter provisorisch, aber ebenso gekonnt, wie zweckdienlich unsere blutenden Wunden versorgte.
Der Fahrer preschte drauflos, als ging es darum, die ihm fehlenden Punkte für die WM von Freitod-Akrobaten gut zumachen.
Außer meiner Jin, die auf eine Tragbahre fixiert war, konnten ich und der uns beigestellte junge Mann, nirgends einen Halt finden. So schossen wir dann auch bei der ersten heftigen Vollbremsung, wie Torpedos durchs Wageninnere und ich landete beschwingt, passgenau auf dem lädierten Fußgelenk meiner Liebsten, deren Augen, nebst ihren Schmerzenslauten, ich noch nie zuvor eine solch bitter-böse Anklageschrift habe verlesen sehen.
Minuten später waren wir am Ziel und ich empfand eine gewisse Dankbarkeit dafür, dem Tod noch mal von der Fliehkraft geregelten Schippe springen zu dürfen.
Meine Süße wurde alsbald in die Röntgenabteilung geschoben, die von ihrer Joggingpartnerin
geleitet wurde, ich folgte ihr hinkend nach. Seltsamerweise nahm von meinen Wunden keiner auch nur die geringste Notiz, obwohl ich wie Frankensteins Neffe aussah.
Das Pflegepersonal glaubte wahrscheinlich, ich hätte mich an ihren Blutkonserven vergangen, oder im Ketchup gesuhlt.
Den Röntgenbildern war deutlich zu entnehmen, dass das Waden-, wie auch das Schienbein im Fußgelenkbereich gebrochen war und plattiert werden musste. Es stand also eine OP mit anschließendem Krankenhausaufenthalt bevor.
Die OP verlief, wie nicht anders zu erwarten, glatter als der Bruch selbst, denn die Ärzte in TH machen fürwahr einen guten Schnitt. Sie haben durch die Häufigkeit von Unfällen erhebliche Routine und sehen ihr Einkommen somit bestens gesichert.
Wir machten also für 800 Bath täglich ein Einzelzimmer fest, dass hier durchaus mit einem mittelklassigen Hotelzimmer zu vergleichen ist.
Abgesehen davon, dass die ganze Zeit über meine eigenen Wunden unversorgt blieben, lief alles wie am Schnürchen und wurde von Jins nächst jüngerer Schwester, die selbst Leiterin der Ambulanz der städtischen Klinik in Lom Sak ist, gesteuert.
Mittlerweile hatte sich auch der Rest der Familie, mit einem dazugehörigen Anwalt eingefunden, der mit mir zusammen am nächsten Morgen, nebst einem befreundeten, höheren Polizeioffizier, zur zuständigen Polizeidienststelle fahren wollte, um dort alles Protokollarische zu tätigen.
Er versicherte mir, dass ich nichts zu befürchten hätte, da er und seine Reputation schon alles zum Guten richten würde.
Nach einer Nacht, in der ich wegen meiner Selbstbehandlung und Jins Schmerzen kaum Schlaf gefunden hatte, erschien der Gute nun auch, wie verabredet pünktlich um 9.00 Uhr.
Wir fuhren los und lasen zwischendurch noch den befreundeten Polizisten auf, der sich als sehr freundlich erwies. Somit wähnte ich mich jetzt auf das Prächtigste präpariert, und konnte selbstbewusst zur Klärung des Unfallherganges schreiten.
Dieser schien ohnehin zweifelsfrei klar, und ich war mir zudem auch keinerlei Schuld bewusst.
Wie aber der weitere Verlauf zeigen sollte, gilt es hier in Thailand einem gewissen Selbstverständnis zu huldigen, welches beinhaltet, dass es tunlichst zu vermeiden ist, dem Bürger des Landes der Freien, einem Ausländer gegenüber mit Schuldzuweisungen zu beladen.
So wurde der Schaden am Fahrzeug des Unfallgegners, ebenfalls eine kleinere Honda, fixiert und ich anschließend gefragt, ob ich mit dessen Begleichung einverstanden wäre ?
Nun fiel es mir wie Schuppen in Größe von Lagerhallen von den Augen, was hier gespielt werden sollte, und mein Horizont verfinsterte sich postwendend, so als sollte es gleich glühende Kacke regnen.
Ich erwiderte also, dass ich keineswegs verstünde warum ich einen Schaden, wenngleich auch in geringer Höhe, begleichen sollte, den ich nachweislich gar nicht verursacht hatte, und erhielt von dem Beamten, unter Zustimmung des Familienanwaltes meiner Jin, zur Antwort, dass ich als Falang, das Thai-Recht (Grod Mai) eben nicht verstehen würde.
Ich wusste meinerseits nun zu vermelden, dass diese Form von Schadensregulierung wohl eher darauf rückschließen lässt, dass es ein Solches überhaupt nicht gäbe, worauf man sich äußerst
empört zeigte und der Tanai (Anwalt) mir ans aufgewühlte Herzchen legte, diesem Frevel zu entsagen und besser zu schweigen. Er bemühte dann sein Tolasapp Mütüü (Handy), mit dem er die Familie meiner Frau zur Unterstützung rief, um meine Läuterung herbeizuführen.
Wahrscheinlich habe ich die Welt noch nie richtig verstanden, nun aber mit Sicherheit erst recht nicht mehr, und obendrein war ich wohl auch noch mit dem nackten Hintern in ein geheiligtes Tabu gesprungen, für das man mich jetzt allseits schmähte.
20 Min. später fanden sich zwei der Schwestern meiner Liebsten ein, sprachen mit ihrem Cousin (dem Anwalt) und wandten sich dann mit der Bitte an mich, ich möge mich doch kompatibeler gestalten, es wäre alles bestens geregelt, und es liefe doch alles in meinem Sinne.
Ich gab an, dass es genau das nicht täte, und mein Verstand sähe sich in seiner Winzigkeit außer Stande zu begreifen, für einen Verkehrsunfall aufkommen zu müssen, den ich nicht verschuldet hätte. Zudem könne der Sachverhalt ja wohl unmöglich schon hinreichend geklärt sein, da bisher nicht einmal meine Frau dazu zeugenvernehmlich gehört wurde.
Nun hieß es plötzlich auch noch, die Unfallgegnerin habe doch aber angeben, den Blinker gesetzt zu haben, bevor sie uns über den Haufen fuhr. „Na, unter diesen Umständen trifft mich natürlich die volle Schuld, ich gestehe!“, kam nun dazu sarkastisch von mir zurück, wobei ich bitter-böse auflachte. Letzteres wurde jedoch von allen Umstehenden geschickt ignoriert, und meine Aussage mit größtem Eifer abgenickt.
Wenn ich nicht bezahle, würden es die Familienangehörigen für mich tun. Die Reparatur des Mopeds würde ohnehin die 1000 Bath-Grenze nicht überschreiten. Außerdem würde aus dem bereits aufgesetzten Protokoll hervorgehen, dass keinen von uns eine besondere Schuld trifft.
„Und wer bezahlt jetzt die Krankenhausrechnung meiner Jin ?“ erdreistete ich mich zu fragen.
Was man damit beantwortete, dass es darum ja gar nicht gehen würde, weil das völlig irrelevant sei.
Na, wunderbar ! Alles klar, alles bestens ! Das würde, nach souveräner Landessitte, letztendlich an mir als Falang hängen bleiben, da die dem Motorrad zugehörigen Standard- bzw. Pflichtversicherungen nur 15000 Bath für eine Behandlung umfassen würde.
Da aber auch, der mir beigestellte Rechtsbeistand das so für die beste Lösung hielt, unterschrieb ich, wenn auch unter Protest, das mir vorgelegte Schriftstück, während mir wutschnaubend der heiße Dampf aus den Nasenlöchern kochte, um somit auch meinen eigenen fahrbaren Untersatz ausgehändigt zu bekommen.
Die Reparaturkosten des gegnerischen Unfallfahrzeugs, incl. des unsrigen, kostete mickrige 380 Bath.
Was mich jetzt der ganze fragwürdige Spaß und das an mir praktizierte Exempel im Weiteren noch kosten wird, steht noch aus und wird später nachgereicht.
Wir alle scheuen zwar das Messer,
doch Scherereien sind nicht besser.
So kann man sich, auch ohne besondere Phantasiebegabung unschwer ausmalen, was mir das an Letzterem, ohne die von mir beschriebenen Beziehungen und meiner Sprachkenntnis eingebracht hätte.
Gruß,
Henk
P.S: Hätte fast vergessen lobend zu erwähnen:
Unser Willi wurde uns von Unfallhelfern etwa 1 Std. später zum Krankenhaus gebracht.
Er wies lediglich eine kleine Bisswunde auf, die ihm wohl als Fremder & Eindringling von der ortsansässigen Hundemafia beigebracht wurde.
Er war überglücklich, als ich ihn in Empfang nehmen konnte.
Wenigstens er kümmerte sich fürsorglich um meine Verletzungen,
indem er diese mit seiner Zunge großflächig säuberte.
(Er ist jetzt für die Zeit des Klinikaufenthaltes bei unseren Nachbarn untergebracht)
Toi, Toi, Toi ! Bisher ist noch keine, der sonst hier bei Schürfwunden üblichen Infektionen aufgeflammt.