Pattaya 1991 - Nach der Wende
Pattaya damals
Wir schreiben das Jahr 1991. Es ist einer jener Sommer nach dem Mauerfall im vormals geteilten Deutschland. Die Welt ist nicht mehr die gleiche. Der kalte Krieg scheint eine längst vergangene und legendenhafte Mythologie zu sein, die Mauer mit ihren Wachtürmen eine erhaltungswürdige Ruine, gleich dem Limes, der Verteidigungslinie zwischen den germanischen Barbaren und den zivilisierten Römern.
Selbst junge Menschen fühlen sich auf einmal alt. Ertappen sie sich doch bei der Bemerkung: „damals als es noch die Mauer gab...“, einer Redewendung, schwanger mit historischem Gewicht.
Eine völlig unbekannte und geheimnisvolle Sorte von Touristen bereichert das bunte Leben an den Bier-Bars. Sie sprechen Deutsch mit meist sächsischem oder brandenburgischem Dialekt.
Die Bargirls erweitern, wie immer auf ihre ganz besondere Art und Weise, das Anbagger-Ritual um eine wesentliche Frage. Eine Frage, die es in sich hat und auf die ich noch zurückkomme.
Meine damalige Thaiehefrau und ich befinden uns im Urlaub in Pattaya. Wir sind aus Saudi Arabien eingeflogen, genauer gesagt, nach Riyadh und Jeddah, aus Dammam am arabischen Golf, meinem bereits drittem Wohnsitz und Arbeitsort in Saudi. Unser Haus in Pattaya Nähe Sanctuary of Truth, welches damals noch nicht eröffnet war, ist langzeitvermietet und wir wohnen wie immer im Palm Garden Hotel am Delfinkreisel. Man kennt sich halt und die immer wiederkehrenden Gäste ebenfalls.
Familienurlauber bevölkern die Strassen, erwecken den Anschein von mehr Umsatz. Eine Illusion, wie unzählige Barbesitzer meinen. Das lange Zeit einzige Kaufhaus „Mike`s Shopping Center“, kurz vor der Walking Street, hatte an anderer Stelle einen grossen Bruder bekommen. Die neuentstandenen Konsumtempel strapazieren das Urlaubs-Budget des Ernährers, dem es dazu noch meist bei Strafe verboten ist, sich alleine an einer der vielen Bier-Bars niederzulassen.
Pattaya versucht wieder einmal sein Schmuddel-Image abzulegen. Trotz immer noch ungesundem Wasser in der Bucht, trotz ständiger Baustelle auf der Beach Road, vieler Neueröffnungen von Bierbars, besonders auf der 2nd Road und jenseits davon, sowie in den vielen Sois, Nebenstrassen, zwischen den Hauptadern der Stadt, versteht es die thailändische Werbemaschine, Farangpaare und Familien an diesen Ort zu locken. Nicht zuletzt durch Pauschalreisen, die standardmäßig ein paar Tage und Nächte Pattaya beinhalten.
Es ist das bis heute immer wiederkehrende Gelaber, das Image von Pattaya und auch die Beach verbessern zu wollen. Ein Urlaubsziel für hauptsächlich Familien daraus zu machen. Das war vor 28 Jahren schon so und wird noch viele Jahre so bleiben.
Man beachte die Erwähnung von „Farangpaare“ vorher, womit hauptsächlich Deutsche, österreicher, Schweizer, Briten, Skandinavier und Franzosen gemeint sind.
Russen, Chinesen und andere Asiaten gehören 1991 noch nicht zu den touristischen Zielkunden in Pattaya.
Einige offen denkende Pärchen verbringen so manches Schäferstündchen zusammen mit einem Bargirl, zum Spaß und Vergnügen von Männlein und Weiblein. Man kann nicht behaupten, dass solche Pärchen zu Primitivlingen oder Fieslingen gehören. Im Gegenteil. Auch manche auserkorene Thaifee zeigt sich in bester Laune in Gegenwart ihrer neuen „Farang-Freundin“ und deren Göttergatten. Man kann ihr oft förmlich ansehen, dass sie sich wohlfühlt und offensichtlich, nicht zuletzt wegen der führenden weiblichen Farang-Hand, gut von ihren Kunden behandelt wird.