Im Bus nach San Salvador/ El Salvador
Mittwoch, 18. März 2015
Irgendwann vormittags irgendwo in Nicaragua
Ich schaue aus dem Fenster des voll besetzten Busses mit für mich unbekanntem Ziel, kann mich aber an der an sich schönen Landschaft mit zahlreichen Vulkankegeln überhaupt nicht erfreuen, schüttele regelmäßig den Kopf und murmele ständig vor mich hin: „Wie konnte das passieren?“ Mein Sitznachbar muss mich für vollkommen bekloppt halten. Auf meinem Schoß liegt ein Buch, aber ich habe keine Lust zu lesen. Auf dem Buch liegt mein Smartphone mit leerem Akku sowie mein Reisepass. In meiner Gesäßtasche befindet sich mein Portemonnaie mit einigen Dollar, Euros und Cordobas sowie meinen Kreditkarten. Außer dem was ich am Leib trage, ist das alles was ich derzeit besitze. Meine restlichen Sachen fahren irgendwo in Mittelamerika spazieren. Bei den scharfen Grenzkontrollen ist es unmöglich, dass unbegleitetes Gepäck irgendeinen Grenzübertritt erfolgreich schafft. Bye bye geliebte Reisetasche. Bye Bye auch ein schöner unkomplizierter Urlaub … – Wie konnte es dazu kommen ? – Rückblende:
Managua
Ticabus Station
4.15 Uhr
Ich bin überpünktlich am Busbahnhof, gebe meine Reisetasche ordnungsgemäß ab und warte auf die Abfahrt meines Busses nach San Salvador um 5 Uhr. Es ist einiges los hier. Auch andere Busse in die Nachbarländer fahren frühmorgens los. Ich gehe in den Warteraum und schaue zu, wie Reisende im Hof der Station in den Bus Richtung Honduras steigen. Die Abfertigung erfolgt sehr schleppend. Um 5.15 Uhr noch nichts zu sehen von meinem Bus. Na ja, wie in Afrika, denke ich. Um 5.45 Uhr frage ich endlich mal nach. Und ernte Gelächter. "Unsere Busse fahren immer pünktlich ab. Der Bus nach El Salvador ist schon lange unterwegs." Mit
meinem Gepäck. Den Aufruf hatte ich wohl im Trubel nicht gehört. Mein Bus ist nicht hinten im Hof, wo ich saß, sondern vorne an der Straße abgefahren. Ohne mich. Und offensichtlich ohne zu kontrollieren, ob alle gebuchten Passagiere an Bord sind.
Meine Aufregung ist groß. Könnte ich ein Taxi nehmen und hinterher fahren ? Nein, unmöglich, wird mir gesagt. Die Ticabusse sind schneller als andere Autos. Nach langem Palaver soll ich in den Honduras-Bus steigen, der immer noch nicht losgefahren ist. Warum denn das ? „Cuarentayocho“, sagt mir ein Angestellter schroff. Hä ? In der Aufregung ist mein Spanisch auf Wortfetzen geschrumpft. Ach so, Sitz Nr. 48 ist frei.
Da sitze ich nun, schaue aus dem Fenster und ärgere mich über mich selbst und die Ticabus-Bediensteten gleichermaßen. Die Grenze zu Honduras ist bald erreicht und die Grenzformalitäten sind überraschend komplikationslos. Ok, viel zu durchsuchen gibt’s bei mir ja leider auch nicht.
Ich möchte den Staat Honduras nicht vorschnell aburteilen. Im Norden des Landes mag es anders aussehen. Obwohl, da liegt ja auch SPS, San Pedro Sula, die gegenwärtige Mordhauptstadt der Welt. Im Süden, den ich –hoffentlich- in Richtung El Salvador durchquere, jedenfalls sieht es verheerender aus als in den schlimmsten Gegenden Afrikas, die ich kenne. Tiefe Schlaglöcher in den Straßen alle 20 Meter, häufige Polizeikontrollen (zu welchem Zweck wohl...), zerlumpte, bettelnde Kinder am Wegesrand, Müll wohin man blickt. Ganze Landstriche sind mit Plastikmüll übersäht und verfangen sich an den vielen Stacheldrahtzäunen.
Eines der wenigen ansehnlichen Häuser ziert ein großes Schild: Nightclub.
Am Nachmittag wendet sich dann plötzlich alles zum Guten. In Choluteca, einem kleinen Kaff im Süden von Honduras, wo sich die Hazuuptverbindungsstraßen nach Costa Rica kreuzen, sehe ich an einer Tankstelle einen anderen Ticabus stehen. Zeitgleich kommt der Busbegleiter zu mir, deutet auf den Bus und meint: „allá está su equipaje amigo“. Das also ist tatsächlich "mein" Bus. Mit meinem Gepäck. Der Bus hat extra eine Stunde dort auf mich gewartet. Ich kann mein Glück kaum fassen. Zumal meine Reisetasche die nächste Grenze bestimmt nicht überstanden hätte.
Die Abfertigung an der Grenze zwischen Honduras und El Salvador dauert ewig und ist krass. Passagiere in einer geraden (!) Reihe nebeneinander aufstellen, Handgepäck davor, Koffer noch mal in einer Reihe davor. Warten in der heißen Sonne Mittelamerikas. Militärs mit vorgehaltenen MPs ziehen auf, dazu Drogenhunde. Unzählige Male laufen die Köter hin und her, die Uniformträger schauen sich grimmig jeden Passagier an und führen wahllos einzelne ab in kleine Kabuffs. Diese verschwinden dort dann für längere Zeit …
19.30 Uhr
Am Abend komme ich endlich in meinem Hotel Meson de Maria in San Salvador an, das wiederum neben der Ticabus Station in San Benito liegt, einem der Nobelviertel der Stadt. Alle anderen Stadtteile sollte man abends tunlichst meiden. Das Hotelpersonal besteht zu meiner Freude ausschließlich aus hübschen weiblichen Bediensteten, die mir gegenüber auch noch ausgesprochen freundlich sind. Der einzige Lichtblick am heutigen Tage. Ich spaziere noch etwas durchs Viertel, die Zona Rosa genannt, mit einigen Restaurants, allen international bekannten Fast-Food-Läden und ein paar schicken Bars, begebe mich aber dann doch recht früh aufs Zimmer und warte auf den morgigen Tag und auf eine gewisse Juanita Conchita Belen Sanchez Osario.
P.S.
Bilder gibt es heute nicht. Ich habe keine gemacht und möchte diesen Tag am liebsten aus meinem Gedächtnis streichen.
***** Fortsetzung folgt *****