und hier einmal einer der anderen Gesellen. Der Martin in seiner unerfüllten Liebesgeschichte mit einer Thai HiSo in Bangkok. Auch wenn Eli bei sowas schlecht wird...lol
MARTIN
„Ich möchte sehen fern“, sagte Daeng, als sie bei mir war. „Wo Fernbedienung? Wir müssen sehen. Vielleicht ich in Fernse-hen.“
„Du im Fernsehen?“
„Ja, ich mache Spot für Shampoo.“
Wir ließen all die Werbeclips über uns ergehen – und tatsächlich. Plötzlich sahen wir einen Fernsehspot, in dem Daeng unter der Dusche stand. Sie rieb sich das Haar mit Shampoo ein und lächelte in die Kamera. Ich war stolz auf meine Freundin.
„Wann sehe ich deine Schwester?“ fragte ich.
„Bald. Wir machen Verabredung. Vielleicht zum Abendessen.“
„Weiß sie, daß es mich gibt?“
„Ja, sie weiß, ich habe Farang-Freund, aber sie weiß nicht, du bist mein Lehrer. Ich ihr nicht erzähle.“
„Was ist mit deinem Bruder?“
„Was soll mit ihm sein? Er hat zu viele, viele Freundinnen. Alle ihn kennen von Fernsehen. Vielleicht wir sehen ihn gleich.“ Daeng deutete auf den Fernseher und schüttelte den Kopf. „Er behandelt mich wie Magd. Ich kaufe Gürtel für dich. Mein Bruder kommt und nimmt Gürtel. Fragt nicht. Er gibt mir Sachen zum Waschen. Ich immer wasche seine Hemden. Und und und Hosen. Mein ganzes Leben ich wasche für Familie. Du siehst meine Hände?“
Ich sah auf Daengs Handflächen und strich darüber. Längst waren mir ihre rauhen Hände aufgefallen.
„Das kommt von Waschen. Immer immer waschen. Oh, ich bin gelangweilt. Ich komme nach Bangkok mit Eltern. Mein Vater bewacht mich ganzen Tag. Er fährt mich morgens zur Uni und holt mich am Nachmittag ab. Jetzt ich sehe so viele Studentinnen in Kaufhäusern. Alleine. Ich darf nicht alleine. Immer nur mit Eltern.“ Daeng begann zu lächeln. „Aber jetzt ich mache, was ich will.“
„Hat er deine Geschwister auch bewacht?“
„Ja, meine Schwester. Fon, sie Schwester in Werbeagentur. Fon er bewacht, und manchmal er sperrt in Zimmer ein viele Tage. Sie ist damals vielleicht 23 oder 24. Sie älter wie ich fünf Jahre. Sie jetzt 33. Aber bewachen nützt nichts, sie hat Farang-Freund aus Frankreich. Sie hat Kind. Meine Nichte, du weißt dies.“
„Deine Nichte ist eine halbe Französin?“
„Ja, sie luk krüng. Sehr süß. Hat blaue Augen und blonde Haare.
„Was ist mit ihrem Vater?“
„Er geht weg. Fon im neunten Monat schwanger. Sie wird ohnmächtig. Wacht viele Tage nicht auf.“
„Koma.“
„Mein Vater ist Soldat. Er holt Helikopter von Armee und Fon kommt in Krankenhaus nach Chiang Mai. Fon bald wieder okay. Und auch Kind gesund. Fon weint ein Jahr jeden Tag.“
„Wo ist das Kind jetzt?“
„Bei meinen Eltern. Fon mag Kind nicht. Erinnert sie an Farang-Freund. Niemand weiß, sie hat Kind. In Büro alle denken, Kind ist meine Tochter.“
„Irgendwie muß ich wohl mit deinen Eltern auskommen“, sagte ich. „Klingt alles nicht sehr vielversprechend.“
„Niemand mag meine Eltern. Wenn du sprichst mit meinem Vater, er fragt viele Fragen. Was du tust, woher du kommst, was du machst früher, wie du Zukunft mit mir planst. Zu viele, viele Fragen. Er fragt genau nach Job und wieviel Geld du hast. Du mußt wissen zwei Dinge. Mein Vater trinkt sehr viel. Ein oder zwei Flaschen Whisky jeden Tag. Kann nicht leben ohne Whisky. Wenn er nicht hat, er...“ Daeng begann zu zittern. „Und und und ganz wichtig: Premierminister besucht meine Familie, mein Haus in Phrae.“
„Der Premier?“
„Ja, er kommt mein Haus. Mein Vater ist früher Soldat und...“
„Soldat kann ja wohl nicht stimmen“, unterbrach ich. „Welcher Rang?“
„Ich weiß nicht auf Englisch.“
„Sicherlich General.“
„Und meine Familie sehr hoch, weil Premierminister kommt. Mein Vater stellt dir Fragen. Wir müssen überlegen, was du sagst.“
„Und das Geld.“
„Ja. Du mußt zwei Millionen Baht für mich bezahlen.“
„Deine Eltern kommen auch manchmal nach Bangkok, nicht wahr?“
„Jeden Monat. Sie kontrollieren Fon und mich.“
„Liebst du deine Eltern?“
„In Thailand wir respektieren und lieben König, Mönch und Eltern. Das du darfst nie nie nie vergessen.“
„Was ist, wenn dein Vater mich nicht mag?“
„Dann wir gehen weg von Thailand. So weit, er kann uns nicht finden...“
Daeng und ich gingen in einem Supermarkt einkaufen. Händchenhaltend liefen wir die Regale entlang und begaben uns schließlich zur Kasse. Sie zahlte, überhaupt zahlte sie immer, wenn wir zusammen waren.
Daeng brachte mich zurück und verabschiedete sich noch im Wagen. „Ich muß nach Hause. Meine Eltern wieder in Bangkok. Ich muß mich beeilen. Schnell, schnell.“
Ich packte die Tüten um. Wir hatten zwar gemeinsam einge-kauft, die Sachen waren aber für getrennte Haushalte bestimmt.
„Ich rufe dich an“, sagte Daeng zum Abschied. Wir küßten uns, und ich stieg aus.
Nur wenig später rief Daeng an: „Darling, was soll ich nur machen? Oh Gott oh Gott, meine Eltern streiten sich. Meine Eltern sind im Wohnzimmer und schreien.“ Daeng legte auf.
Nach kurzer Zeit klingelte wieder das Telefon. „Darling“, sagte Daeng. „Es ist Schlimmes passiert. Mein Vater. Er weiß von dir. Mein Cousin sieht uns heute in Supermarkt und erzählt mein Vater. Er schlägt mich. Er fragt, warum ich habe Farang-Freund.“ Daeng begann zu schluchzen.
Die fünf Minuten, die wir telefonieren konnten, ohne daß die Leitung unterbrochen wurde, waren viel zu kurz. Daeng wählte mich ständig neu an, so daß sich meine Telefonistin schließlich bei Daeng beschwerte.
„Sie sagt, Telefon heute nur für uns.“
„Blöde Kuh. Die soll ihr Maul halten und verbinden.“
„Meine Mutter sehr böse. Sie schreit und macht Sachen kaputt. Schmeißt CD-Player um. Hoffentlich geht noch. Mein Vater versucht, mit meiner Mutter zu reden, aber hilft nichts. Sie schreit und schreit. Und mein Vater schreit mit mir, weil ich habe Farang.“
„Es geht nicht darum, daß du einen Freund hast. Das Problem ist, ich bin Ausländer, oder wie?“
„Ja. Und er sagt, wir gehen einkaufen. Also wir leben schon zusammen. Denkt, ich schlafe mit dir. Er sagt, kann nicht haben Sex vor Hochzeit. Ich...“
Die Leitung wurde unterbrochen. Wieder fünf Minuten vorbei. Ich wartete neben dem Telefon. Es klingelte, ich hob ab.
„Ich sage, ich bin 28, kann machen, was ich will. Mein Vater schlägt mich. Er fragt, warum ich dich nicht vorstelle.“
„Scheiße, es ist gleich zehn Uhr. dann kannst du mich nicht mehr anrufen. Dann macht die Alte unten Feierabend.“
„Du lebst...“
„...in einem Scheißapartment. Ich weiß. Hör’ zu, ich rufe dich um halb elf noch mal an, okay? Ich gehe in eine Telefonzelle genau um halb elf.“
„Okay okay. Und und und ich dir dann sage, was weiter passiert.“
Um halb elf verließ ich mein Apartment und begab mich zur Hauptstraße. Dort stand auf der gegenüberliegenden Straßensei-te eine Telefonzelle. Ein Motorrad hatte davor geparkt, zwei Jugendliche, die gerade telefonierten, hielten sich durchsichtige Plastiktüten an die Nase. Sie schnüffelten Klebstoff. Es waren zwei Fahrer, die sich an den illegalen Motorradrennen beteilig-ten. Das Rennen würde bald starten und wegen des Lärms ein Telefonat unmöglich machen. Die beiden hatten ihr Gespräch glücklicherweise schnell beendet. Beim Verlassen der Tele-fonzelle hielten sie mir die Tür auf, eine Geste, die ich nicht erwartet hatte.
„Wie geht es dir?“ fragte ich atemlos.
„Ich schlafe. Ich bin in Auto. Meine Eltern streiten immer noch. Darling, kann ich kommen zu dir? Ich jetzt fahre los.“
Daeng erschien wenige Minuten später. Wir trafen uns vor einem kleinen Laden in meiner Soi. Wir kauften Bier, denn wir brauchten einen Drink.
„Wie lange bleibst du?“ fragte ich.
„Weiß nicht. Muß nachher weg. Wenn mein Vater weiß, ich bin hier. Oh Gott oh Gott, Darling, du mußt vorsichtig sein. Meine Mutter sagt, sie bringt dich um. Sie bestellt jemanden, der erschießt dich.“
„Ich glaube es nicht“, sagte ich fassungslos.
„Darling, wirklich. Sei vorsichtig. Besonders hier in dunkler Soi.“
„Kennt deine Mutter meinen Namen? Weiß sie, wo ich wohne? Wo ich arbeite?“
„Nein. Auch nicht meine Schwester. Ich dir schon erzähle, ich nicht sage, du bist mein Lehrer. Schülerin und Lehrer... Du weißt, was ich meine.“
„Sie hat wirklich gesagt, sie will mich umbringen lassen?“
„Aber ja.“
In unserer Verzweiflung liebten wir uns die ganze Nacht.