@thaiguy
„Fahr mal nach Kambodscha und sieh Dich um. Im Gegensatz zu Dir bin ich da seit über 20 Jahren unterwegs.“
Ein häufiger Trugschluss: Nur weil man lange irgendwo lebt oder regelmäßig dort ist, versteht man nicht automatisch komplexe politische oder sicherheitsrelevante Entwicklungen. Ich kenne Leute, die leben seit 30 Jahren in Deutschland – und könnten dennoch die Funktionsweise der Automobilindustrie oder den Bundeshaushalt nicht erklären. Dauer ersetzt keine Analyse.
„Die Scam-Zentren stehen leider immer noch.“
Dass einzelne Gebäude stehen, bedeutet nicht, dass die operative Struktur im bisherigen Umfang funktioniert. Scam-Operationen sind hochgradig vernetzt – Störungen an Knotenpunkten (Datenverkehr, Geldflüsse, SIM-Karten) reichen aus, um sie massiv in ihrer Effizienz zu schwächen. Genau das berichten thailändische Sicherheitsbehörden, internationale Medien und NGOs übereinstimmend.
Du fährst also regelmäßig bei den Scam-Zentren vorbei, winkst kurz rein und prüfst, ob die Geldströme noch sprudeln? Sehr engagiert. Oder wie kommst du zu deinen „Erkenntnissen“?
Ich frag nur, weil: SIM-Karten funktionieren → Scam lebt ist etwa so logisch wie: Auto fährt → Stau gibt’s keinen.
Wenn das deine Beweiskette ist, dann gute Nacht, Aufklärung.
„Meine Konten funktionieren, der Zahlungsverkehr läuft.“
Und was genau soll das belegen? Wenn deine persönliche SIM-Karte funktioniert, heißt das nicht, dass die zigtausend Prepaid-Karten, die in Scam-Zentren verwendet wurden, ebenfalls ungestört weiterlaufen. Das ist, mit Verlaub, eine anekdotische Scheinargumentation.
„Der Gedanke, dass Thailand das kambodschanische Telefonnetz über die Ausgabe von SIM-Karten kontrolliert oder auch nur beeinflusst, ist einfach idiotisch.“
Niemand behauptet, dass Thailand das gesamte kambodschanische Netz kontrolliert. Aber: Die Callcenter riefen mit thailändischen Nummern an, über Netze, die physisch und vertraglich von Thailand aus liefen. Und genau dort hat man angesetzt – mit einer Kappung der Internetverbindungen, der SIM-Nachverfolgung und Kontrollen an der Grenze. [Quelle u. a. Bangkok Post, ThaiPBS, East Asia Forum.]
'Der Strom ist auch noch da.“
Dass Strom (noch) fließt, ändert nichts daran, dass die Drohung im Raum stand – inklusive konkreter diplomatischer Schritte, wie sie öffentlich durch die Regierung kommuniziert wurden. Auch das ist dokumentiert. Thailand spielt die Druckmittel aus – dosiert, aber sichtbar.
Also diese idiotischen Behauptungen sind etwas für Gemüter, die so etwas glauben wollen.“
Die Maßnahmen wurden öffentlich gemacht, durch Medien bestätigt, und in Teilen bereits umgesetzt. Wer daran zweifelt, müsste belastbare Gegenevidenz liefern – nicht persönliche Eindrücke und Spekulationen. Es geht hier um faktenbasierte Bewertung, nicht um Bauchgefühl oder Lokalpatriotismus.
Fazit:
Die thailändische Regierung hat – mit Rückendeckung höchster politischer Stellen – die Bekämpfung der Scam-Industrie zur Priorität erklärt. Und wer die Familie Shinawatra kennt, weiß: Wenn etwas zur Chefsache wird, dann mit Nachdruck. Hun Sen weiß das übrigens auch.
Vielleicht konzentrierst du dich künftig wieder auf das Zitieren von Presseartikeln – darin bist du wirklich gut. Bei eigenen Einschätzungen hingegen wirkt es leider zunehmend dünn.