Wenn ich den Eingangsfrage und die bisherigen Antworten lese, muss ich schmunzeln und staunen. Und ein bisschen kullern wegen meinem Brasilienbezug auch ein paar Tränen.
Bedroht? Ich würde meine Antwort anders formulieren:
In Brasilien wurde ich zweimal überfallen.
In Rio de Janeiro, im Stadtteil Botafogo, direkt gegenüber vom Shopping-Center "Rio Sul", am hellichten Nachmittag, mitten auf einer grossen Avenida.
Das andere Mal zugegebenermassen am Rande eines sehr einfachen Wohnviertels (aufgrund der Dünenhanglage trotzdem irreführend "Castelo", Schloss, genannt) in Fortaleza, der Stadt, die laut Residents aus DACH (Pensionsbesitzer und Immobilienmakler) "sicher" sei. Wieder am hellichten Tag, wieder auf einer Avenida, auch wenn das Strässchen diese Bezeichnung kaum verdient, war sie recht belebt. Geholfen hat mir man erst hinterher, nach dem eigentlichen Überfall. Aber immerhin.
Mindestens zwei weitere Überfallversuche habe ich verhindern können, ein paar andere Situationen schienen kitzlig, ob es ohne entsprechende Massnahmen (Wegänderung, Strassenseitenwechsel etc.) letzendlich zu einem Überfall gekommen wäre, weiss ich nicht.
Polizisten hatten mir viermal die entsicherte Knarre in Richtung Kopf gerichtet. Zweimal bei Verkehrskontrollen, einmal fuhr ich dabei aus einer Mini-Favela in Salvador/Bahia mit dem Taxi raus. Mein deutscher Vermieter wohnte in diesem Viertel.
Neben der Sichtung zahlreicher Verkehrsopfer wurden in meiner unmittelbaren Nähe
- ein Jugendlicher von zwei etwas älteren "Spielkameraden" während der Carnavals-Feierlichkeiten in Olinda (PE) auf dem Festplatz mittels eiserner Bestuhlung zu Tode geschlagen. Nach dem die Täter verhaftet und das Opfer geborgen wurde, ging die Musik nach nur wenigen Sekunden wieder an und alle tanzten genauso unbeschwert, wie vorher. Nur mir war irgendwie die Lust vergangen. Glücklicherweise hatte ich schon eine Begleitung.
- ein Räuber von einem erbosten Geschäftsmann im Zentrum von Rio de Janeiro unter anschliessendem Applaus der Passanten in den Kopf geschossen. Ich hatte Glück, dass Hirn und Blut in alle erdenklichen Richtungen flog, nur nicht in meine.
- ein von drei Beamten der Polícia Militar gestellter Traficante (Drogendealer) auf der gegenüberliegenden Strassenseite in Boa Viagem/Recife mit etwa einem Dutzend Schüsse liquidiert.
Mehrere Blutbäder fanden einen Tag vor oder nach meinem eigenen Besuch statt. Nicht irgendwo, sondern exakt dort, wo ich mich oft über Tage oder zumidnest mehrere Stunden aufgehalten hatte. Einem bewaffneten Raubüberfall entging ich in Itajaí (SC), weil ich das Lokal fünf Minuten zuvor verlassen hatte.
Bei einem nächtlichen Spaziergang an der Peripherie Rio de Janeiro´s "stolperte" ich über einen Mann am Strassenrand - der Kopf fehlte. Er wurde von einer Machete abgetrennt (so berichtette mir man am nächsten Tag).
Bestimmte "Brasilienkenner" meinen, das hätte mir auch jederzeit in Berlin, Frankfurt oder München passieren können. Derartige Aussagen sind von Naivität und Blindheit geprägt oder einfach gelogen. Pauschalisieren darf man nicht, aber es wäre ein Irrtum, immer nur das "Moloch" Rio de Janeiro anzuführen. Oft schwingen bei der entkräftigenden Sicherheitseinschätzung finanzielle Intzeressen mit, um das Land in ein besseres Licht zu rücken. Nicht jede Auswanderer-Pousada ist wohl auch nicht in der Hauptsaison voll ausgelastet. Und solche "übertriebenen Räubergeschichten" schaden der Propaganda. Man könnte sich aber auch die Reise- und Sicherheitshinweise des AA zu Gemüte führen. Ich kann deren Ratschläge grundsätzlich empfehlen. Wer aber nur zwei Tage Rio mit seinem Standardprogramm und danach Strandurlaub bucht, dürfte sich allerdings tatsächlich halbwegs zu recht sicher fühlen. Abgesehen davon, scheint es sich langsam zu bessern. Zumindest in der Zona Sul in Rio.