Overtüre
Wir schreiben den Übergang vom 3. auf den 4. Januar 2011 (es ist also Nacht) und GuZhongWen trifft nach einer beschwerlichen Reise entlang des malayischen Fingers sowie dem Süden Thailands schließlich in der Stadt der Engel ein.
Es ist heiß, immer noch, denn es ist tiefste Nacht, als der altersschwache Bus, welchen ich ca. 14 Stunden zuvor in Ranong bestieg, endlich jene berühmt-berüchtigte Perle am Delta des Chao Praya erreicht, die selbst den stärksten Mann demütig werden lässt: Bangkok.
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Die letzten Wochen waren geprägt von Arbeit. Es machte wenig Spaß in einer gottverlassenen Islamistenhochburg während der Regenzeit Recherchen zu alternativen Währungssystemen zu betreiben. Singapur war da schon besser – Interviews mit Investoren, endlich wieder meine geliebten 赶边豆角 essen zu können und in diesem merkwürdigen, oberflächlich sehr sterilen und trotzdem irgendwie verkommenen Schmelztiegel einzutauchen gefiel mir. Aber es blieb wenig Zeit – schnell ging es weiter nach KL, Goldminen wurden besichtigt, Palmölplantagen ebenso...immer Termindruck, immer weiter...da ein schnelles Arbeitsessen und hier noch Kurzgespräch mit irgendeinem Rohstoffhändler. Schließlich, nach einem kurzen Flug und der bisher sexiesten Flugbegleiterin meines Lebens, Ankunft in Kota Bahru. Irgendwo hier soll der Mann stecken, der möglicherweise den Grundstein zu einer völligen Renaissance des Geldsystems gelegt hat – nur wo? Die Tage vergehen, oder besser gehen unter im strömenden Regen des asiatischen Monsuns. Ich treffe dutzende Menschen (darunter Joseph, einen irischen Zimmermann aus Schweden, der mir für Bangkok ein Versprechen abnahm – dazu später mehr), frage, forsche, entdecke immer wieder kleine Indizien wie blitzende Silberdirhams in den schrumpligen Händen zahnloser Taxifahrer, ich betrinke mich abends in chinesischen Garküchen, anlässlich des Hauptgebets jagt mich die Religionspolizei von der Strasse, auf meiner Suche betrete ich alle Kaffeehäuser und Teestuben, treffe mich mit Staatssekretären und Künstler – auf IHN jedoch stoße ich nicht.
Schließlich, als ich schon alle Hoffnungen fahren lassen wollte, erhielt ich in einem unscheinbaren Einkaufszentrum von einer kleinen, eilig an mir vorbeihastenden Chinesin ein Zettel zusteckt: Seine Telefonnummer, eine Uhrzeit für den nächsten Tag sowie den Namen eines Hotels: Grand Riverview. Tags darauf begrüßt mich in Lobby besagten Hotels ein Hüne mit gewaltigem, pechschwarzem Vollbart in einem perfekt sitzenden, dreiteiligen Maßanzug und italienschen Schuhen: Omar Pasha. Nach dem üblichen Austausch internationaler Höflichkeiten, einem anregenden Gespräch über die Unterscheidung zwischen Angst und Furcht in Heideggers „Sein und Zeit“ sowie seinen Studien an der Sorbonne, erzählt er mir in fließendem Englisch und Französisch die Geschichte – seine Geschichte. Diese tut hier aber nichts zur Sache und soll deshalb einander’ Mal erzählt werden, für mich zählte nun nur eins: Mission erfüllt.
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So kam es, dass ich am Morgen darauf wenige Kilometer südwestlich die Grenze bei Su-ngai Kolok die Grenze zu Thailand überschritt. Als wollten die Wettergötter der Region mir bestätigen, dass nun mein Urlaub begönne, schien dabei zum ersten Mal seit über einer Woche wieder die Sonne. Wenige Stunden später saß ich in der Holzklasse eines völlig überfüllten Zuges Richtung Chumphon. Ich sehe Müttern beim Wickeln ihrer Kinder zu, betrachte Wasserbüffel auf überfluteten Reisfeldern, zeige den schwer bewaffneten Militärpatrouillen, die bei jedem Halt den Zug stürmen, meinen Paß und döse, als die Nacht einbricht, auf der harten Holzbank vor mich hin...
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Schließlich erreichen wir gegen 4:00 morgens und mit knapp drei Stunden Verspätung Chumphon. Auf dem Bahnhof sehe ich etwas, was ich die letzten 3 Wochen nicht sah und auch nicht vermisst hatte: Rucksack-Touristen. Kein Wunder also, dass mich schnell ein fürsorglicher Thai unter seine Fittiche nimmt und sich nach dem weiteren Ziel meiner Reise erkundigt: Bangkok. Ein unergründliches Lächeln schleicht sich auf sein Gesicht und er dirigiert mich schnell zu einem der bereitstehende Busse. Dieser fahre nach Ranong. Dort müsse ich in den Bus nach Bangkok umsteigen, erklärt er mir noch in sehr, sagen wir „breitem“ Englisch. Er fordert noch ein schnelles Trinkgeld ein und verschwindet auch schon wieder in der Nacht, um sich dem nächsten „Kunden“ zu widmen, allerdings nicht ohne mir zuvor eine gute Reise gewünscht sowie sein Wohlgefallen über das weiße Bändchen, welches mir ca. 15 Stunden zuvor ein Mönch umband, Ausdruck verliehen zu haben.
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Ich nehme in dem kleinen, zu niedrigen, zu engen Bus Platz. Bald darauf gesellt sich ein ca. fünfzigjähriger Engländer zu mir, den ich sofort in meinem geistigen Vorurteilsschrank unter der Rubrik „pädophiler Sextourist“ einsortiere. Wir kommen ins Gespräch, in dessen Verlauf ich einen sehr wichtigen sowie sehr guten Hinweis erhalte: „There are more or less two areas in Bangkok were most of the tourists stay – Khaosan or Sukhumvit Road. I highly recommend the last.“ In Rangon trennen sich unsere Wege (meinen Trip auf die Insel der Cashew-Kerne – Ko Phayam – erspare ich Euch) und voller Vorfreude besteige ich jenen altersschwachen Bus, welcher mich vierzehn Stunden später die Stadt der Engel erreichen lassen wird...
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Damit endet die Overtüre von „GuzhongWen’s erstes Mal“ ... Was es mit dem Joseph gegebenen Versprechen auf sich hat, ob es unserem „Helden“ gelingt ein Hotelzimmer zu finden und er sich für die Khaosan Road entschied oder doch dem Rat des Engländers folgte und welche Abenteuer er insgesamt im Venedig des Ostens erleben wird, erfahrt Ihr in den kommenden Kapiteln.
Wir schreiben den Übergang vom 3. auf den 4. Januar 2011 (es ist also Nacht) und GuZhongWen trifft nach einer beschwerlichen Reise entlang des malayischen Fingers sowie dem Süden Thailands schließlich in der Stadt der Engel ein.
Es ist heiß, immer noch, denn es ist tiefste Nacht, als der altersschwache Bus, welchen ich ca. 14 Stunden zuvor in Ranong bestieg, endlich jene berühmt-berüchtigte Perle am Delta des Chao Praya erreicht, die selbst den stärksten Mann demütig werden lässt: Bangkok.
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Die letzten Wochen waren geprägt von Arbeit. Es machte wenig Spaß in einer gottverlassenen Islamistenhochburg während der Regenzeit Recherchen zu alternativen Währungssystemen zu betreiben. Singapur war da schon besser – Interviews mit Investoren, endlich wieder meine geliebten 赶边豆角 essen zu können und in diesem merkwürdigen, oberflächlich sehr sterilen und trotzdem irgendwie verkommenen Schmelztiegel einzutauchen gefiel mir. Aber es blieb wenig Zeit – schnell ging es weiter nach KL, Goldminen wurden besichtigt, Palmölplantagen ebenso...immer Termindruck, immer weiter...da ein schnelles Arbeitsessen und hier noch Kurzgespräch mit irgendeinem Rohstoffhändler. Schließlich, nach einem kurzen Flug und der bisher sexiesten Flugbegleiterin meines Lebens, Ankunft in Kota Bahru. Irgendwo hier soll der Mann stecken, der möglicherweise den Grundstein zu einer völligen Renaissance des Geldsystems gelegt hat – nur wo? Die Tage vergehen, oder besser gehen unter im strömenden Regen des asiatischen Monsuns. Ich treffe dutzende Menschen (darunter Joseph, einen irischen Zimmermann aus Schweden, der mir für Bangkok ein Versprechen abnahm – dazu später mehr), frage, forsche, entdecke immer wieder kleine Indizien wie blitzende Silberdirhams in den schrumpligen Händen zahnloser Taxifahrer, ich betrinke mich abends in chinesischen Garküchen, anlässlich des Hauptgebets jagt mich die Religionspolizei von der Strasse, auf meiner Suche betrete ich alle Kaffeehäuser und Teestuben, treffe mich mit Staatssekretären und Künstler – auf IHN jedoch stoße ich nicht.
Schließlich, als ich schon alle Hoffnungen fahren lassen wollte, erhielt ich in einem unscheinbaren Einkaufszentrum von einer kleinen, eilig an mir vorbeihastenden Chinesin ein Zettel zusteckt: Seine Telefonnummer, eine Uhrzeit für den nächsten Tag sowie den Namen eines Hotels: Grand Riverview. Tags darauf begrüßt mich in Lobby besagten Hotels ein Hüne mit gewaltigem, pechschwarzem Vollbart in einem perfekt sitzenden, dreiteiligen Maßanzug und italienschen Schuhen: Omar Pasha. Nach dem üblichen Austausch internationaler Höflichkeiten, einem anregenden Gespräch über die Unterscheidung zwischen Angst und Furcht in Heideggers „Sein und Zeit“ sowie seinen Studien an der Sorbonne, erzählt er mir in fließendem Englisch und Französisch die Geschichte – seine Geschichte. Diese tut hier aber nichts zur Sache und soll deshalb einander’ Mal erzählt werden, für mich zählte nun nur eins: Mission erfüllt.
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So kam es, dass ich am Morgen darauf wenige Kilometer südwestlich die Grenze bei Su-ngai Kolok die Grenze zu Thailand überschritt. Als wollten die Wettergötter der Region mir bestätigen, dass nun mein Urlaub begönne, schien dabei zum ersten Mal seit über einer Woche wieder die Sonne. Wenige Stunden später saß ich in der Holzklasse eines völlig überfüllten Zuges Richtung Chumphon. Ich sehe Müttern beim Wickeln ihrer Kinder zu, betrachte Wasserbüffel auf überfluteten Reisfeldern, zeige den schwer bewaffneten Militärpatrouillen, die bei jedem Halt den Zug stürmen, meinen Paß und döse, als die Nacht einbricht, auf der harten Holzbank vor mich hin...
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Schließlich erreichen wir gegen 4:00 morgens und mit knapp drei Stunden Verspätung Chumphon. Auf dem Bahnhof sehe ich etwas, was ich die letzten 3 Wochen nicht sah und auch nicht vermisst hatte: Rucksack-Touristen. Kein Wunder also, dass mich schnell ein fürsorglicher Thai unter seine Fittiche nimmt und sich nach dem weiteren Ziel meiner Reise erkundigt: Bangkok. Ein unergründliches Lächeln schleicht sich auf sein Gesicht und er dirigiert mich schnell zu einem der bereitstehende Busse. Dieser fahre nach Ranong. Dort müsse ich in den Bus nach Bangkok umsteigen, erklärt er mir noch in sehr, sagen wir „breitem“ Englisch. Er fordert noch ein schnelles Trinkgeld ein und verschwindet auch schon wieder in der Nacht, um sich dem nächsten „Kunden“ zu widmen, allerdings nicht ohne mir zuvor eine gute Reise gewünscht sowie sein Wohlgefallen über das weiße Bändchen, welches mir ca. 15 Stunden zuvor ein Mönch umband, Ausdruck verliehen zu haben.
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Ich nehme in dem kleinen, zu niedrigen, zu engen Bus Platz. Bald darauf gesellt sich ein ca. fünfzigjähriger Engländer zu mir, den ich sofort in meinem geistigen Vorurteilsschrank unter der Rubrik „pädophiler Sextourist“ einsortiere. Wir kommen ins Gespräch, in dessen Verlauf ich einen sehr wichtigen sowie sehr guten Hinweis erhalte: „There are more or less two areas in Bangkok were most of the tourists stay – Khaosan or Sukhumvit Road. I highly recommend the last.“ In Rangon trennen sich unsere Wege (meinen Trip auf die Insel der Cashew-Kerne – Ko Phayam – erspare ich Euch) und voller Vorfreude besteige ich jenen altersschwachen Bus, welcher mich vierzehn Stunden später die Stadt der Engel erreichen lassen wird...
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Damit endet die Overtüre von „GuzhongWen’s erstes Mal“ ... Was es mit dem Joseph gegebenen Versprechen auf sich hat, ob es unserem „Helden“ gelingt ein Hotelzimmer zu finden und er sich für die Khaosan Road entschied oder doch dem Rat des Engländers folgte und welche Abenteuer er insgesamt im Venedig des Ostens erleben wird, erfahrt Ihr in den kommenden Kapiteln.
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