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Offload in Manila: wie kommt meine Freundin durch die Kontrolle?

Klimbim

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24 November 2024
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"Offload" am Flughafen Manila – Was es ist, wen es trifft und was man vorbeugend tun kann

Ein Thema, dass mich und meine Frau vor langer Zeit einmal beschäftigte. Heute nicht mehr. Sie hat einen deutschen Pass (keinen philippinischen mehr, den sie nicht mehr wollte), arbeitet als Krankenschwester und lebt mit uns als Familie mit ihrem Sohn und meiner Tochter in Deutschland und wir reisen eigentlich kaum noch auf die Philippinen.

1. Was bedeutet „Offload“?​

Der Begriff Offload bezeichnet auf den Philippinen die verweigerte Ausreise durch die philippinische Immigration – also das Verbot, trotz gültigem Ticket und Visum (oder visafreiem Ziel) ein internationales Flugzeug zu besteigen. Dieses Vorgehen ist spezifisch für die philippinischen Behörden und betrifft ausschließlich philippinische Staatsbürger.

Es handelt sich nicht um eine Entscheidung des Ziellandes, sondern der Bureau of Immigration (BI) in Manila (bzw. an anderen Flughäfen wie Cebu oder Clark).

2. Wer ist besonders betroffen?​

Zielgruppe der Offloads sind in der Praxis nahezu ausschließlich weibliche Filipinas im jüngeren Alter, die alleine reisen – insbesondere:

* zwischen 18 und ca. 35 Jahren

* mit wenig oder keiner vorherigen Auslandserfahrung

* mit Zielorten wie Thailand, Malaysia, Dubai, Hongkong oder Singapur

* ohne klare familiäre oder berufliche Bindung auf den Philippinen

Hintergrund ist der Versuch der Behörden, Menschenhandel und illegale Arbeitsmigration zu verhindern.


3. Was steckt dahinter?

Die philippinischen Behörden haben die Pflicht, Menschen vor Ausbeutung zu schützen – insbesondere vor sogenannten „falschen Reisen“, bei denen junge Frauen etwa mit einem „Touristenvisum“ reisen, aber in Wahrheit im Ausland arbeiten (oft ohne Papiere).

Problematisch ist jedoch, dass die Praxis der Immigration häufig intransparent, willkürlich und übergriffig empfunden wird – zumal es keine vorhersehbare Rechtsgrundlage gibt, gegen einen „Offload“ vor Ort vorzugehen. Das führt regelmäßig zu dramatischen, teils demütigenden Situationen.

4. Was kann man tun, um Offload zu vermeiden?​

Wenn man seine philippinische Freundin (oder spätere Frau) einlädt, beispielsweise nach Thailand, sollte man sich gut vorbereiten. Folgende Dokumente helfen – je mehr, desto besser:

* Einladungsschreiben mit vollständigem Namen, Passkopie, Kontaktdaten

* Hotelbuchung & Flugtickets (Hin- und Rückflug!)

* Finanzielle Nachweise (Bankauszug des Sponsors ODER Bargeld – 500–1000 €)

* Fotos gemeinsamer Treffen (z. B. aus früherem Urlaub, Videocalls, Chats)

* Nachweis einer Beziehung (z. B. E-Mails, Chatverläufe, Screenshots, Briefe)

* Schriftliche Reiseplanung (Wo, wann, wie lange – optional auch Versicherungsnachweis)

* Falls vorhanden: Arbeitgeberbescheinigung oder Uninachweis der Filipina

* Wenn es bereits ein Treffen mit der Familie gab: Bestätigungsschreiben von Familienmitgliedern

Außerdem empfiehlt es sich, ruhig und sachlich aufzutreten, bei der Immigration keine Nervosität zu zeigen und alle Unterlagen in einem sauberen Ordner strukturiert bereitzuhalten. Man sollte niemals lügen oder widersprüchliche Angaben machen.

Im Zweifelsfall kann ein unterstützender Anruf oder eine Videoverbindung des Einladenden per WhatsApp helfen – sofern die Immigration dies zulässt.


„Ich bin ihr Freund, kein Zuhälter“ – oder: Wie ich Teresa durch den Flughafen schleuste

Manila, 2018. Teresa, 27 Jahre alt, 45 Kilo Entschlossenheit, Flugziel Thailand. Ich irgendwo in Pattaya, schwitzend wie ein Hydrant, obwohl der Flug gar nicht meiner war.

Wir planten unseren ersten gemeinsamen Urlaub – sechs Monate nach unserem ersten Treffen. Sie war damals noch Filipina (heute ist sie Deutsche und immun gegen Offload, hurra), und ich hatte schon genug gruselige Geschichten gelesen, um zu wissen: Wenn du willst, dass sie durchkommt, solltest du dich vorbereiten wie ein Anwalt mit Paranoia.

Ich stellte einen Ordner zusammen, den der durchschnittliche Beamte vermutlich für eine Bewerbung zur NATO hielt:

* Dutzende ausgedruckte Selfies mit Datum
* Hotelbuchungen, Flüge, mein Arbeitsvertrag
* Ein Brief von mir mit Originalunterschrift (natürlich mit Kugelschreiber – Beamten lieben das)
* Eine Reisebeschreibung, auf Deutsch und auf Englisch
* Bargeld (800 Euro – in Manila entspricht das dem Gegenwert eines Kleinwagens)
* Kopie meines Passes, Führerscheins, und vermutlich auch meiner Zahnkarte

Sie hatte all das dabei, als sie aufgerufen wurde.

Ich saß gleichzeitig auf WhatsApp bereit, bereit zum Live-Chat mit Immigration, falls nötig.

Dann passierte, was passieren musste: Sie wurde abgefangen. Wie bei einem Netflix-Thriller.

Man führte sie in einen Glaskasten mit zwei fragend dreinblickenden Damen der Immigration. Die Miene irgendwo zwischen Misstrauen und Müdigkeit.

Sie wurde interviewt. Lange. Genau. Detailliert.

„Warum wollen Sie nach Thailand?“
„Wer ist dieser Mann?“
„Woher kennen Sie ihn?“
„Wie haben Sie sich getroffen?“
„Was machen Sie beruflich?“
„Wie viel Geld haben Sie bei sich?“
„Haben Sie vor, zurückzukehren?“

Sie antwortete brav. Und dann sagte sie irgendwann:

„Er is online. You can ask him.“

Und plötzlich hörte ich es – der Anruf. Ich live zugeschaltet per WhatsApp-Call.

Ich, in Boxershorts, mit zerzaustem Haar, schaltete in den Modus „seriöser Mann mit Steuerklasse I“ – erklärte alles, ruhig, sachlich, freundlich.

Ich sagte:

„Wir haben uns in Saudi-Arabien kennengelernt, wo sie als Haushaltshilfe missbraucht wurde – ich habe ihr geholfen, einen Rückflug zu organisieren. Seitdem halten wir Kontakt. Wir sind ein Paar. Ich lade sie ein – auf eigene Kosten. Alles liegt vor.“

Das reichte offenbar.

Sie nickten, schauten sich an – und ließen sie durch.

Abflug! Ich atmete wieder.

Später – bei der zweiten Reise, diesmal nach Marokko – lief alles deutlich einfacher. Wahrscheinlich, weil meine Mutter und meine damals 11-jährige Tochter ebenfalls nach Marokko mitkamen – ich legte Briefe von Mudda & Tochter (sie schrieb das für uns, soooooo süß... werde ich niemals vergessen!), Passkopien und Familienfotos bei. Die Immigration winkte Teresa nach einer Minute durch. Effekt: Familienbonus.

Und bei der dritten Reise – nach Hongkong – heirateten wir gleich. Rein praktisch. Ohne Rosen. Ohne Romantik. Aber mit Wirkung: 10 Tage später war sie in Deutschland.

(Einen Satz zur Deutschen Botschaft? Nein danke. Wer sich da reinwühlen will, möge einen Fachanwalt befragen. Ich empfehle ausdrücklich: nicht auf eigene Faust experimentieren. Ich habe das gelernt, aber das ist deshalb ein Sonderfall - meine ich null überheblich, aber es ist einfach so. Macht es sauber und am besten mit guter Beratung).

Heute lachen wir darüber.

Aber damals... ich sage es so:

Ein gut vorbereiteter Ordner und ein guter Empfang auf WhatsApp sind manchmal mehr wert als die ganze Reisekasse.


Und Teresa?

Die lacht heute über das Ganze. Aber sie erinnert sich noch gut. Vor allem an die Frage: „Is this your boyfriend?“

Und sie sagte damals:

„Yes. And he waits. So I fly.“

Und das tat sie.

Operation Schwiegermutter – Reloaded

Demnächst werde ich voraussichtlich die Mutter meiner Frau – zarte 65 Jahre jung, fromm wie eine Gebetskerze und standfest wie ein Reiskocher – nach Pattaya einladen. Ja, dieses Pattaya. Die Mutter war übrigens noch nie im Ausland. Und sie weiß nicht, worauf sie sich einlässt. Ich übrigens auch nicht.

Und plötzlich stellt sich mir eine Frage, die ich seit Jahren tief vergraben glaubte:

Muss ich den Offload-Ordner wieder rauskramen?

Muss ich ihr wieder Bargeld unter das Kopfkissen schieben, als wären wir in einem Mafiafilm?
Muss ich ihr wieder erklären, dass sie auf Fragen wie „Was wollen Sie in Thailand machen?“ nicht mit „Relax, maybe massage“ antworten sollte?

Werde ich am Flughafen wieder in irgendeinen Glaskasten dazugeschaltet, während ich auf dem Parkplatz sitze, mit einem Kaffeebecher in der Hand und innerlich den Rosenkranz runterbete?

Fragen über Fragen.

Doch dieses Mal bin ich vorbereitet. Denn ich habe einen Trumpf in der Tasche:
Meinen Sohn. Nächstes Jahr 13 Jahre alt. Ernst wie ein Notar. Charme wie ein Taschenrechner mit Stimme.

Er wird mich begleiten, und er wird den Job übernehmen. Er spricht die Sprache seiner Mutter, seiner Großmutter und auch noch etwas Tagalog.

Flughafen-Support in Reinform.


BONUS

Fiktive Szene: Flughafen Manila, Immigration-Schalter


Die Immigration-Officerin schaut über ihre Brille:

„Who is this woman?“

(zeigt auf meine Schwiegermutter, die ein T-Shirt mit „Jesus loves Pattaya“ trägt)

Da tritt mein Sohn nach vorne. Rucksack auf dem Rücken, sauber frisiert, Gesichtsausdruck: neutral bis professionell.

Er sagt (wäre klassisch Knirps):

„Das ist meine Großmutter. Sie reist zum ersten Mal. Sie will Urlaub machen. Sonne, Meer, Tempel sehen. Meine Mutter wäre traurig, wenn sie nicht darf. Mein Vater wäre genervt. Und wenn beide schlecht gelaunt sind, ist das echt Kacke. Also bitte einfach durchwinken. Danke. Und jetzt: Abflug!“

Na also. So einen brauchst du im Team.


Denn...ich würde einfach nur nicken.

Weil ich weiß:

Wenn einer die Schwiegermutter durch die Immigration bringt, dann der Knirps.

Ordner hin oder her.

(Fortsetzung folgt – eventuell live aus dem „Jesus Inn“ in Soi 13.)
 
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Klimbim

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Schwiegermutter auf Reisen, wie es kommen wird: an Tagen wie diesen spricht der Sohn


Schwiegermutter aus Mindanao, 65, noch nie die Insel verlassen im Leben. Wir nehmen sie mit. Habe mit meiner Frau gerade darüber diskutiert.

Was geht gerade dazu in unseren Köpfen vor? Wir steigern uns rein, lachen ununterbrochen. Ich muss gleich notieren...aufschreiben, sonst vergesse ich es. Was denken wir also?

Das wird ganz großes Kino. Da kündigt sich ein interkulturelles Abenteuer an – irgendwo zwischen Sister Act, Lost in Translation und Hangover 4: Mission Pattaya.

Die Schwiegermutter.

65 Jahre.
Fromm wie ein Kloster.
Kern-Mindanao.

Hat noch nie ein Flugzeug betreten – aber jetzt: Endgegner-Level – Pattaya.

Krone auf mit dem T-Shirt (müssen wir fertigen lassen):

„Jesus loves Pattaya“

– ein modisches Statement, das sogar an der Immigration zu plötzlicher Demut führen könnte.

Ich sehe die Szene jetzt schon:

Ankunft in Thailand.

Sie steigt aus dem Flieger, hält sich tapfer am Trolley fest wie an einem Rosenkranz.
Der Knirps steht daneben, mustert alles mit der stoischen Ruhe eines Notars auf Valium.
Dann kommt der Moment, an dem sie durch das Terminal läuft, stolz das T-Shirt tragend.

Szene: Flughafen Suvarnabhumi.

Die Schwiegermutter tritt mit ernstem Gesicht und dem Shirt „Jesus loves Pattaya“ durch die automatischen Türen. Kamera fährt langsam zurück. Die tropische Hitze schlägt wie ein nasser Lappen.

Der Knirps schaut kurz zu ihr hoch, dann zu mir. Keine Miene. Kein Lächeln. Nur ein sachlicher Seufzer, dann:

„Na super. Jetzt denken alle, wir drehen hier ne Missionsreise"

Und nach dem Gang an der Beachroad, Knirps:

"Ich seh schon. Wir brauchen zwei Tourguides: Einen für Sehenswürdigkeiten. Und einen für Beichte danach."


Pause. Schulterzucken.

„Jesus loves Pattaya.“

Darunter ein unschuldiges Lächeln.
Hinter ihr am Bangkok Airport ein ganzer Trupp pensionierter Pattaya-Veteranen, die stehen bleiben, Sonnenbrillen abnehmen und ehrfürchtig flüstern:
„Holy... she’s the chosen one.“

Ich werde sie sanft einführen

– Erst Wat Phra Yai.
– Dann Floating Market.
– Und ganz zum Schluss – als Endgegnerprüfung – ein Spaziergang bei Tag durch die Soi 6. (Mit Augenbinde, falls nötig.)

Und wenn alles gut läuft, sitzt sie abends am Pool neben Bernd, schaut verliebt auf den treuen Bundesbeamten mit gutem Gin und sagt:

„Schön ist’s hier. Aber laut.“
 
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Klimbim

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Zusatz:

Vorhin hat der Knirps vorgeschlagen seine Oma aus Mindanao in Pattaya mit so einem Boot und einem Fallschirm aufsteigen zu lassen wenn sie da ist, in Pattaya (wie nennt man die Dinger?)

Er: " Macht se glücklich. Zu Hause im Dorf erzählt sie dann, sie sei ein Engel gewesen - am besten im neuen T_Shirt fliegen lassen, Jesus loves Pattaya..."

Sorry, aber bei uns gibt' s einfach immer was zu lachen. Nonstop. Nichts zu machen.
 

Klimbim

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Klimbim – Die frühe Verweigerung des Puzzles

Im Jahre 1981, als die Telefone noch Wählscheiben hatten und ein „Walkman“ das Coolste war, was man sich für 179 Mark kaufen konnte, saß ein gewisser Klimbim im oberen Stockwerk eines Berliner Doppeldecker-Schulbusses. Er war 16, hatte soeben seine letzte Mathestunde geschwänzt, weil... nun ja: Mathematik.

Was genau war sein Problem mit Mathematik? Kurz gesagt: Naturgesetze kamen ihm immer schon suspekt vor. Wenn jemand sagte: „Das muss so sein“, dann wurde Klimbim nervös. Wenn jemand sagte: „Das ist logisch“, dann wurde er trotzig. Und wenn jemand sagte: „Da gibt es keine Alternative“, dann ging er (Mathematik zählt ja eigentlich zu den Geisteswissenschaften - geschenkt. Sie nervte ihn, schon immer).

Diese Abneigung gegen starre Vorgaben war keine pubertäre Laune, sondern frühkindlich eingeübt. Im zarten Alter von sechs hatte seine Tante aus Toulouse – eine Frau, die laut Klimbim selbst Croissants mit Beton mischte – ihm ein Puzzle geschenkt. Ein Motiv mit Bauernhofidylle, vermutlich so 100 Teile, pädagogisch wertvoll. Die Tante war begeistert. Klimbim nicht.

Er betrachtete die Puzzleteile. Und war entsetzt. Sollte er wirklich jeden Stein so einfügen, wie es vorgesehen war? Ein stummer Aufstand formierte sich.

Also holte er sich eine Schere, schnitt die Teile so zurecht, wie es ihm passte, griff dann beherzt zu Opas Hammer – der für gewöhnlich für ernstere Zwecke gedacht war – und drosch die Steine mit dem Selbstbewusstsein eines künftigen Künstlers in die vorgesehene Fläche.

Das Ergebnis war... speziell. Das Bauernhaus hatte plötzlich gotische Fenster, das Schwein stand auf dem Dach, und irgendwo lag ein Traktor im Graben. Aber Klimbim war zufrieden. Er hatte etwas erschaffen. Sein Kunstwerk.

Jura? Wirklich?

Viele Jahre später studierte er Jura. Warum? Weil Jura – wie er es selbst nüchtern erklärt – die einzige Geisteswissenschaft ist, die vorgibt, exakt zu sein, aber im Grunde eine literarische Übung in Rhetorik, Täuschung und Stil ist. Jura ist keine Wissenschaft. Jura ist Betrug! Aber ein lustiger, immerhin, Donnerwetter!

Man lernt dort, wie man Sprache einsetzt, um Wahrheit als variablen Begriff zu definieren – mal so, mal so, je nach Tagesform und Publikum. Für Klimbim war das kein Fach, sondern ein Instrument: Wie klingt Überzeugung? Wie schmeckt ein Argument in fünf Varianten? Wie formt man ein Gesetz zu einem Gedicht mit Fußnoten?

Er inszenierte seine Meinungen. War mal konservativ, mal links, mal radikal liberal. Nicht aus Überzeugung – sondern aus Forscherdrang.
Was macht die größte Unruhe? Wo geht ein Raunen durch den Raum? Wie kriegt man die Leute auf die Palme – und sich selbst aufs Sofa?

Sein Lieblingsspiel: alle nerven, aber charmant dabei sein.

Sein größtes Talent: Lehrer zum Wahnsinn treiben, ohne von der Schule zu fliegen. Sein stilles Ziel: eine Bühne aus Wörtern, auf der nur er Regie führte.

Das Sammeln der Dinge, die man nicht besitzen kann

Während die Jungs Spielzeugautos sammelten und die Mädchen Briefmarken mit Pferden (was Klimbim prompt in ein romantisches Tauschgeschäft ummünzte: „20 Pferdemarken gegen einen Kuss“ – ein bombensicheres Investment mit 700 % Rendite), sammelte er Wörter.

Wörter in allen Sprachen. Nicht die glatten Wörter aus dem Schulbuch, sondern die seltsamen, gefühlten, unübersetzbaren. „Saudade“ im Portugiesischen. „Habseligkeiten“ im Deutschen. „Langage“ im Französischen – ein Begriff, der im Deutschen einfach fehlt.

Er lernte Griechisch mit türkischem, Türkisch mit griechischem Akzent, Französisch wie ein Italiener und Englisch wie ein abgebrochener Oxfordianer auf Ibiza. Alles je nach Tagesform. Nicht, um Eindruck zu schinden – sondern um sich selbst zu unterhalten. Klimbim hatte Humor, wenn auch einen, den nur wenige verstanden.

Sprache war für ihn kein Mittel zum Zweck, sondern der Zweck selbst.

Seine Bibliothek ein Kuriositätenkabinett aus Kazantzakis, Yasar Kemal, Egon Erwin Kisch und Camus – dazwischen Karl Valentin mit Liesl Karlstadt, deren Dialoge er wie andere Leute Fußballergebnisse auswendig konnte.

Klimbim wollte kein Dichter sein, kein Professor, kein Politiker. Er wollte Sprachenkönig werden. Es reichte am Ende nur zum Hofnarr.
Aber der Hofnarr ist, wie wir wissen, der Einzige, der alles sagen darf.

Warum Pattaya? Warum überhaupt?

Was das alles mit Pattaya zu tun hat? Eine ganze Menge. Denn Klimbim glaubt nicht an Grenzen – weder in Köpfen noch auf Landkarten.
Er wandert aus, nicht um anzukommen, sondern um weiterzusammeln: Wörter, Eindrücke, Melodien, Gerüche, Gesprächsfetzen.

Er liebt das Bunte, das Schräge, das Widersprüchliche. Und Pattaya ist davon die Hauptstadt.

Sein Traum: dort alt werden, ein Bier in der Hand, einen neuen Begriff auf der Zunge, und rundherum Menschen, die sich amüsieren – oder sich wundern. Beides ist willkommen.

In der nächsten Folge? Warum Klimbim mit 16 eine Sprache lernte, die nur 400.000 Menschen sprechen.

Spoiler: Es hatte mit einem Mädchen zu tun. Natürlich. Aber auch mit echter Neugier. Und einem Institut in Berlin.

Eh voilà, stay tuned.

P.S. Hört euch das ruhig mal an...BITTE! Genau das, das liebe ich und zwar in extremer Form. Ich kenne diese Texte alle auswendig...

Wenn ich deprimiert bin, was selten aber durchaus vorkommt, sage ich sie mir selbst vor und es geht mir wieder ausgezeichnet, denn ich muss lachen.

Karl Valentin & Liesl Karlstadt | DIE FREMDEN
 
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„Die Würde im Jackett“

Akt 1, der Mann mit dem Titel


Er liegt in Zimmer 7, nennt sich Professor Dr. Dr. und Spezialist für abstraktes Seelenwohlsein.

Wissenschaft, sagt er, sei keine Frage des Studiums – sondern des Geistes.

Er trägt ein Jackett über dem Krankenhaushemd, hat einen Klemmbrett-Eigenbau aus Karton, und murmelt Fachwörter, die wie Scrabble-Unfälle klingen.

Die Stationsleitung nennt ihn „den aus Zimmer 7“.

Nur Teresa nennt ihn: Professor.

Mit ganzem Ernst.

Und mit dem leichten Nicken, das sagt: "Ich weiß. Aber ich sehe dich trotzdem."

Teresa: „Guten Morgen, Professor. Wie war die Nacht?“

Hinkelstein: „Kurz. Ich hatte um drei eine Eingebung zur reversiblen Dialektik.“

Teresa: „Po, ich bringe dann gleich den Tee.“

Hinkelstein: „Mit Zitrone. Für die synaptische Klarheit.“

Teresa: „Selbstverständlich, Professor.“

Akt 2: Der Assistenzarzt und die Kollision

Dr. Mross, 48, mit Aktenmappe und latenter Hybris, betritt das Zimmer.
Er sieht Hinkelstein, das Klemmbrett, das Jackett.

Ahnung trifft Arroganz wie zwei ungebremste Rollatoren.

Dr. Mross: „Also, Herr Hinkelstein, wir müssen mal über die Dosierung der Antibiotika sprechen.
“Hinkelstein (setzt eine Nickelbrille auf, obwohl er keine braucht): „Junger Kollege, ich fürchte, Sie sind in der falschen Vorlesung.“

Dr. Mross: „Ich bin hier der behandelnde Arzt.“
Hinkelstein: „Ach so? Echt? Und ich bin der Papst von Peru. Nun setzen Sie sich, das hier wird klausurrelevant.“

Teresa tritt ein.

Sagt nur: „Professor, Ihr Tee ist da. Mit Zitrone. Für die Synapsen, po.“

Dann schaut sie Dr. Mross an. Und flüstert nur zwei Wörter, wie ein müder Stoßseufzer in Ehren:

„Zimmer sieben.“

Dr. Mross nickt. Und verlässt das Zimmer.

Langsam.
Leise.
Verwirrt.

Akt 3: Fox (Klimbim) wird eingeweiht

Abends auf der Couch. Teresa liegt mit einem Bein über Fox' Schenkel, beide Hände um den Tee wie ein Ritual. Ihre langen schwarzen Haare sind nun locker und fallen bis auf die Knie, umrahmen ihr asiatisches weiches Gesicht mit den sanften Mandelaugen.

Teresa: „Heute hatte der Professor eine Konferenz mit sich selbst.“

Fox: „Hat er sie gewonnen?“

Teresa: „Unentschieden. Aber sehr produktiv. Er hat mit einem Stift auf die Zimmerdecke eine Formel gezeigt. Da war nichts. Aber ich hab trotzdem 'Ah, ja!' gesagt.“

Fox: „Weil du höflich bist.“

Teresa: „Weil ich weiß, was es für ihn bedeutet, gesehen zu werden. Auch wenn's Unsinn ist, Fox...man muss es ihm lassen und stilvoll weiter machen im Text."

Pause.

Fox: „Er weiß, dass du weißt, dass er kein Professor ist.?“

Teresa (lächelt): „Ja. Und ich weiß, dass er weiß, dass ich es weiß. Aber wir spielen das Spiel. Jeden Tag. Weil er dann seine Würde behält.“

Fox: „Zuckerspatz… du bist manchmal klüger als alle echten Professoren.“

Teresa: „Ich hab halt keinen Titel, nur Gefühl. Aber das reicht, Fox“


Akt 4: Nachspiel mit John

Am nächsten Tag in der Teeküche.

John (T-Shirt: „Keep calm, be british“) fragt Teresa:

„Ey Boss Nurse, why you call that geezer 'Professor'? He thinks he’s Einstein on paracetamol.“

Teresa: „Because he needs it, Sir. He lost many things. Let’s not take the rest, po.“

John (schaut in die Luft, schluckt kurz): „You’re scary wise, you are.“

Teresa: „And you’re scary loud, Sir.“

Beide lachen.

Kurz.

Dann ist Schichtbeginn. Und Würde ist wieder ein Dienst, den Teresa heimlich übernimmt.

Nachsatz

Professor Hinkelstein wird nächste Woche entlassen.
Er hat angekündigt, ein Buch zu schreiben.

Titel: "Wahrheiten zwischen Tee und Tropf – Feldstudien aus Zimmer 7".

Widmung:

„Für Schwester Teresa. Die Einzige, die meine Formeln verstand.“


DJ KESUCIAN ATI NGESLOW JEDAG JEDUG FYP TIKTOK VIRALL (BONGOBARBAR)
 
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„Der Behandlungsraum und andere Mythen“

(Ein Tatsachenbericht von Teresa. Protokolliert von Klimbim, Gatte. Überlebt nur knapp.)



Ort: Ein medizinisches Fachzentrum, das offenbar nach einem Escape-Room-Prinzip gebaut wurde.
Zeit: 13:47 Uhr (Filipino Pünktlichkeit: +13 min Aufwärmzeit)
Hauptperson: Teresa – 1,50 m, ich glaube zur Zeit 45 kg, geballte Energie in Mangoform. Süß. Klebrig. Und explosiv, wenn gereizt.

13:48 – SMS an mich:

„Hier gehe ich NIE wieder hin!!! “


(SMS 1:1 abgeschrieben, brauche Beweisphoto nicht rein zu kopieren und auch drei Ausrufungszeichen sind dabei)
(Kein „Hallo“. Kein Satzbau. Nur blanke Verzweiflung mit Emoji-Dramaturgie.)

Ich weiß sofort:

– Sie ist auf dem Gelände. Herrgott stehe allen bei.
– Das Gelände ist zu groß.
– Irgendwer wird heute weinen. Und es bin nicht ich.

Teresa, später im Bett, nasal fauchend und voll im Trauma-Reload:

„Fox,... dieses Gebäude ist wie ein Museum. Aber du willst keine europäischen Kunstwerke finden, du willst einfach nur den verdammten Arzt.“


Ich frage an der Info: "Wo ist Raum 3.2.17?" Die Dame antwortet:

"Über den Hof, dann links durch das gläserne Treppenhaus, dann Treppe runter, dann rechts bis zum Wandbild, dann dem grünen Streifen folgen.“

„Ich sage: "Das klingt nicht wie eine Wegbeschreibung. Das ist dafür gemacht, dass Du Deinen Spass hast. Exklusiv“


Ich (protokollierend, aber innerlich fast bewusstlos vor Lachen):

Sie schaut mich an wie eine Lehrerin im Praktikum: enttäuscht, aber noch hoffnungsvoll.

Teresa, trocken, mit tödlicher Präzision:

„Ich sage zu der Frau: Wenn 90-jährige Omas diesen Weg finden sollen, dann hoffe ich, sie haben unterwegs eine Notfallstation eingebaut.“


Was dann folgt, ist eine Art Mischung aus:


– „Amazing Race: Rentner-Edition“,
– einer Schatzsuche ohne Schatz,
– und einem architektonischen Sudoku mit lebenden Patienten.

Teresa, in Rage-Modus:

„Ich finde ein Wartezimmer. Sitze da. Tür offen. Kein Arzt. Kein Schild. Kein Empfang. Nur ein IKEA-Stuhl mit einer Schraube zu wenig. – also exakt wie mein Nervenkostüm zu dem Zeitpunkt.““

„Ich schaue mich um und denke: Ist das hier eine Therapiestunde für Orientierungssinn?“


Dann, endlich, die Ärztin. Freundlich. Fast Mönch-artig ruhig. Das ist ihr erstes Problem.

Teresa lächelt. Dieses asiatisch-höflich-passiv-aggressive-Herzchenlächeln, das verheißt:

„Ich bringe Sie nicht um – aber ich werde Sie später in einem sehr ausführlichen Google-Review zerlegen.“


Ich wage eine Frage:

„Warum hast du nicht einfach angerufen, Zuckerspatz?“

Teresa:

„Ich hatte keine Hand frei. In der einen Hand war meine Tasche, in der anderen meine unzähmbare Wut!"

Pause.
Teresa nippt am Tee wie eine Zen-Kriegerin mit PTSD. Dann, todernst:

„Ich sag dir: Das war kein Ärztehaus. Das war ein Persönlichkeitstest.“
„Ich bin rein als Patientin – und raus als Veteranin.“



Dann der typische Teresa-Nachschlag, bei dem alle deutsch-filipinisch-verheiratete Männer kennen: Jetzt kommt’s.

„Wenn ich 90 bin, Fox, und nochmal dahin muss... fahr mich nicht hin. Sag einfach:
‚Sie ist weg. Vielleicht hat sie Raum 3.2.17 gesucht. Letzter Sichtkontakt: Wandbildbereich.‘“


Und zum Schluss, mit diesem kindlich-hellen Lächeln, das dir Honig ins Herz gießt – Sekunden bevor sie dich nochmal mit einem Nebensatz grillt:

„Aber gut. Vielleicht war das meine Schuld. Ich hätte einfach eine Landkarte malen sollen. So wie Dora. Oder mich an einen deutschen dranhängen. Die gehen immer mit Absicht. Und mit Google Maps.“


Nachsatz von Klimbim:


Ich liebe sie. Auch wenn sie nie pünktlich ist. Und jedes Gebäude zu einem Drama wird.
Aber ganz ehrlich – ich würde lieber zehnmal einen Irrgarten mit ihr durchqueren,
als einmal allein pünktlich ankommen.


Wie könnte ich die ganze Abhandlung noch nennen? Mir summt es durch den Kopf...

– „Such den Doktor – mit Teresa durch Raum und Wut“
– „Karte? Nein danke. Ich hab Emotion.“

...

Wenn du das liest und eine asiatische Frau hast, weißt du:

Das ist nicht übertrieben.
Das ist Alltag.
Und wir überleben ihn.
Mit Tee. Mit Amüsement. Bis zum nächsten Mal.

Nachsatz:

150 cm. Ein Gebet. Ein Vulkankern.
Und irgendwo zuhause sitzt ein Mann namens Klimbim und schreibt das alles auf.
Weil sie’s ihm erlaubt hat.
Mit einem Lächeln. Und dem Beisatz:

„Aber schreib nix Falsches. Gott sieht alles. Und ich auch.“


Humor ist hier kein Stilmittel – er ist ein Überlebensmechanismus.
 
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