Schon in jungen Jahren hatte ich mir vorgenommen, früher aufzuhören mit der Arbeit – rechtzeitig, bevor die Motivation vom Kaffee abhängig wird. Jetzt wäre eigentlich der perfekte Zeitpunkt: Die paar Jahre bis zur Rente könnte ich locker überbrücken, ganz ohne staatliche Hilfe oder finanzielle Klimmzüge.
Und trotzdem bin ich noch da – Tag für Tag. Nicht weil ich muss, sondern weil ich auf einen Wink vom Arbeitgeber warte. Ein stilles Zeichen vielleicht, dass der Abschied bevorsteht. Stattdessen habe ich immer mehr den Eindruck, man will mich partout nicht gehen lassen.
Jede Freundlichkeit und besonders deutliche Gehaltserhöhungen haben natürlich auch eine Wirkung auf emotionale Menschen (zu denen ich in Anteilen auch gehöre).
Wenn man aber eigentlich gehen will, weil man etwas neues vor hat und das sich auch leisten kann, sollte man es auch tun.
Ich war einmal in einer Firma, die ich nicht mochte. Während der Probezeit habe ich mir einen neuen Job besorgt und exakt an dem Tag an dem der neue Vertrag unterzeichnet war, bat ich um ein Gespräch bei der Geschäftsführung - eine arrogante Bande, die ich furchtbar nervig fand (im vollen Gegensatz zu der Bude, wo ich nun angekommen bin).
Ich zum Personaler: "ich muss Ihnen mitteilen, dass Sie die Probezeit nicht bestanden haben".
Der Blick den ich bei dem Personalchef sah war für mich eine Freude. Er war wirklich platt: "sowas haben wir auch noch nicht erlebt. Was machen Sie denn jetzt, was wird nun?"
"Machen Sie sich keine Gedanken bis auf die Frage, ob Sie mich für die Restzeit freistellen wollen oder wir uns weiter nerven".
Daraus wurden 2 Wochen Extraurlaub in Thailand. Wunderbar.
Zurück: Du bist im Kapitalismus in diesen Dingen nichts schuldig, wobei ich mich gegenüber anständigen Menschen auch maximal anständig verhalte - ich versuche das zumindest.
Bei der Mistfirma hatte man mich völlig zu Unrecht vor einer großen Zahl von Mitarbeitern öffentlich zusammengefaltet:
"es fällt schon auf, dass verschwundene Verträge irgendwie immer mit Ihnen zusammen hängen"
- es war mein Auftrag zu rekonstruieren, was in einem Vertrag (und mehreren anderen - mal vereinbart war der / die vor meiner Ankunft in dieser Mistfirma verloren gegangen waren...
Sowas goutiere ich dann - aber erst, wenn ich in der Position dazu bin.
Ist Dein Chef ein netter Kerl, erkläre ihm ruhig, dass Du gerne dort gewesen bist und es Dir schwer fällt.
Sage ihm, dass Du aber am Ende die oberste Instanz Deines Lebens bist (das ist nichts Verwerfliches)
oder sage, dass Du es "nach Deiner Frau bist" und die meint, Du solltest aufhören - wenn es ein altmodischer Typ ist, hat er auch so eine Frau und wird Dir sein Herz ausschütten.
Spätestens dann solltest Du aber dann besser gehen...