Fall 2
Der zweite Fall ist ungewöhnlich, weil die Touristenpolizei als Ver- und nicht als Ermittler tätig wurde. Im Juli 2004 weilte ich, damals noch mit Frau und Kindern in Phuket. Durch meine damalige Frau kannten wir Lat und ihren Ehemann Hubert, ein 60 jähriger Südtiroler. Lat wuchs dort als Farmerstochter auf, lernte 1995 Hubert in Phuket kennen, heiratete ihn wenige Monate später und zog ins Südtirol. Lat liebte es den grossen Garten von Huberts Haus zu bewirtschaften.
Trotzdem gab es Probleme, denn Lat fehlte ihre Familie. So beschlossen sie, dass sie Huberts Haus und den Handwerkerbetrieb verkaufen und nach Thailand übersiedeln würden. Hubert folgte ihrem Ruf in die Provinz Phang Nga, nach Bang Riang am Rande des Khao Sok Nationalparks gelegen.
Mit dem Geld, das Hubert für den Verkauf seines Hofes erzielt hatte, kauften sie rund 80 Rai, bauten sich ein schönes Haus mit einer Werkstatt für Hubert, er hatte viele Werkzeuge mit nach Thailand genommen und nachdem Sie einen Pickup gekauft hatten, blieb immer noch Geld übrig. Beide waren glücklich. Weil Hubert viele Arbeiten beim Hausbau selbst ausführte, merkte er erst nicht, das Lat und er nur die Rollen getauscht hatten und er nun in Isolation lebte. Lat sah dies ein und schweren Herzens zog sie mit Hubert auf die benachbarte Ferieninsel Phuket. In Kathu wollten sie sich niederlassen und das Leben geniessen. Hubert forderte seine Frau auf, einen Teil des Landes zu verkaufen, damit sie sich ein wenig Land kaufen und ein Häuschen darauf bauen können. Lat zögerte den Verkauf aber so lange raus, bis Hubert sein restliches Guthaben locker machte.
Erst lebten sie glücklich und zufrieden zusammen. Lat störte es aber, dass ihr Hubert immer öfter und auch immer länger mit Franz, einem Österreicher der im gleichen Ort wohnte, zusammensass und reichlich Bier trank. Öfters gab es Streit und wenn der heftig wurde, zog Lat solange nach Bang Riang, bis Hubert sie „auf Knien“ bat, zu ihm zurück zu kommen. Wenn sie stritten, war natürlich immer das Thema Geld obenauf. Hubert meinte, dass er seiner Frau schon genug Land und Häuser gekauft hatte und sie jetzt selbst für sich und die gemeinsame 5 jährige Tochter aufkommen könne. Seine Rente investierte er ja jetzt in seine Freundschaft zu Franz.
Im Juli 2004 kam es eines Nachts zu einem heftigen Streit. Zwar schlug weder Hubert noch Lat den anderen, was da aber an Worten ausgetauscht wurde, kann ich nicht niedergeschrieben, dazu bin ich zu scheu. Hubert rief die Touristen – Polizei zu Hilfe. Die kam mit einem Dolmetscher. Es wurde vereinbart, dass Hubert seiner Frau und seiner Tochter monatlich eine Unterstützung in der Höhe von 25000 Baht entrichten muss, im Gegenzug solle Lat 800000 Baht zurückgeben, die für weiteren Landkauf in Bang Riang vorgesehen waren. Bevor Hubert der Vereinbarung zustimmte, versuchte er selbstredend mehr rauszuholen. Der vermittelnde Polizist bestätigte aber Lats Meinung, dass sie nicht verpflichtet sei, ihr Land, ihr Auto oder eines ihrer Häuser zu verkaufen, da es ihr alleiniger Besitz sei, auch wenn Hubert es war, der seiner Frau das alles gekauft hat. Lat wollte in dem gleich auch noch regeln, dass ihr Hubert nicht fremdgehen dürfe, weil sie das schon länger vermutete. Der Polizist sagte ruhig aber unmissverständlich, dass sie dies nichts angehe. Erstens versorge ihr Mann sie sehr gut und zweitens sei Fremdgehen in Thailand normal, es sei ja nicht zu ihrem Nachteil.
Dann machte man ab, dass am nächsten Tag all das schriftlich niedergeschrieben werden sollte. Der Polizist sagte zu Hubert, dass er jemanden mitbringen soll, der als Zeuge die Vereinbarung unterschreiben solle.
Was ich bis jetzt schilderte, habe ich nicht persönlich mitbekommen. Hubert und Lat haben es aber beide bestätigt, so dass ich davon ausgehen kann, dass es einigermassen der Realität entspricht. So komme ich dann ins Spiel als Zeuge auf der Wache der Touristen – Polizei.
Erstmal wiederholte der Polizist, was letzte Nacht in Lats Haus abgemacht wurde. Lat war mit der Vereinbarung immer noch einverstanden. Hubert versuchte erneut, mehr Geld heraus zu schlagen. Der Polizist erwiderte höflich, dass an der Vereinbarung selbst, nichts mehr zu ändern sei, die Verhandlungen seien ja letzte Nacht abgeschlossen worden. Hier hätte er nur noch die Möglichkeit, sein Wort einzuhalten oder zu brechen. Kleinlaut willigte Hubert ein. Der Vertrag wurde in Thai aufgesetzt, vom Dolmetscher in Deutsch übersetzt und von Hubert und Lat unterzeichnet. Dann mussten ich und eine mir unbekannte Thai als Zeugen unterzeichnen.
Fortan und bis heute, zahlt Hubert seiner Frau monatlich 25000 Baht von seiner Rente. Lat hat ihrem Mann einen neuen Pickup gekauft. Die 800000 Baht konnte sie Hubert aus verschiedenen Gründen noch nicht überweisen, was sie natürlich sehr bedauert. Alle zwei Wochen geht Lat für ein paar Tage zu ihrer Familie nach Bang Riang. Während dieser Zeit kümmert sich Hubert um die gemeinsame Tochter. Beide bestätigten mir, dass sie seit der Vereinbarung viel glücklicher zusammenleben.