Koh Samuis Müllproblem: Tickende Zeitbombe
von Sam Gruber
KOH SAMUI: Kein Problem stinkt auf Thailands drittgrößter Ferieninsel mehr zum Himmel als das Chaos um die Müllentsorgung. Seit Jahren gibt es Kritik. Panische Anwohner blockierten mehrfach die Zufahrt zur Deponie bei Hua Thanon. Und vor einem Jahr drohte Samuis Bürgermeister Ramnate Jaikwang sogar die Absetzung, wenn er die außer Kontrolle geratene Deponie nicht in geordnete Bahnen gelenkt bekomme.
Was ist seither passiert, außer regelmäßigen Schmäh-Kommentaren in sozialen Netzwerken und in meist deutschsprachigen Online-Medien? Antwort: Nicht viel. Koh Samuis Inseloberhaupt Jaikwang versuchte mit drei unterschiedlichen Entsorgungsunternehmen Abhilfe zu schaffen. Alle drei wurden binnen weniger Monate wegen Unfähigkeit ‚entsorgt‘ – aber die Müllberge wuchsen weiter.
Sogar der FARANG-Redakteur geriet ins Visier und wurde ins Untätigkeitsboot mit der Inselverwaltung verfrachtet. Wütende Kritiker tobten, manche davon fahren turnusmäßig auf die hinter dem Provinzgefängnis gelegene Deponie, schießen Fotos und setzen diese auf Facebook in Szene. Lösungsvorschläge können auch sie nicht vorbringen, die meisten produzieren selbst Hausmüll und tragen wie alle auf der Insel zum Anstieg des Problems bei.
Lösungsvorschlag Nummer 1: Die seit nunmehr fast zehn Jahren stillstehende Verbrennungsanlage japanischer Hersteller wieder in Gang zu bringen und dann den Müllberg sukzessive wegzubrennen. Antwort: Die Anlage gilt als irreparabel, mehrmalige Versuche, sie wieder in Gang zu bringen, scheiterten kläglich. Die Japaner haben der damaligen Bezirksregierung in Surat Thani mit ihren Samuianischen Komplizen eine veraltete Technik zum überteuerten Preis untergejubelt. Keiner hatte damals annähernd das Fachwissen für eine so zukunftsweisende Investition.
Lösungsvorschlag Nummer 2: Artgerechte Entsorgung des auf mittlerweile 300.000 Tonnen geschätzten Abfallberges rund um die Deponie bei Hua Thanon. Antwort: Es gibt in Thailand nur drei Unternehmen, die dieses technologisch überhaupt bewerkstelligen könnten – diese sind sehr teuer und die Inselverwaltung wartete bislang vergeblich auf Staatszuschüsse. Allein kann Ramnate Jaikwang diese Mammutaufgabe aus seinem Haushalt nicht stemmen.
Lösungsvorschlag Nummer 3: Möglichst umweltverträgliche Zwischenlagerung des Mülls und Umlagerung bisher wild abgeworfener Abfallberge. Antwort: Eine weitere Deponie wurde bereits in Betrieb genommen – allerdings ist auch das letzte Entsorgungsunternehmen schon wieder abgezogen. Bürgermeister Jaikwang: „Wir waren mit der Leistung und Einsatzbereitschaft dieses Unternehmens erneut nicht zufrieden.“
Vor 14 Monaten drohte Surat Thanis Gouverneur als unmittelbarer Dienstherr dem amtierenden Bürgermeister Koh Samuis mit Amtsenthebung, sollte er Koh Samuis Abfall-Fiasko nicht in den Griff bekommen. Gouverneur Chatpong Chatphum genoss die Rückendeckung der Militärregierung und stellte Jaikwang ein Ultimatum von sechs Monaten. Seither hat keiner mehr etwas aus Regierungskreisen gehört. Nur die sporadischen Berichte von lokalen Anwohnern, deutschen Auswanderern und Online-Medien dauerten an.
Selbst lokalen Politikern, die lange vor der Amtszeit des amtierenden Bürgermeisters Ramnate Jaikwang den Notstand mit verantworteten, dämmert heute, dass ohne einen Befreiungsschlag mithilfe der Armeeregierung keine Entschärfung von Koh Samuis tickender Müllzeitbombe möglich ist. Offen wird darüber gesprochen, dass der Offenbarungseid in Sachen Abfallwirtschaft schon vor Jahren hätte geleistet werden müssen.
Ramnate Jaikwang, dem in seiner zweiten Amtsperiode in den vergangenen drei Jahren keine nachhaltige Verbesserung zugeschrieben werden kann, wird als Letzten in dieser Kette von Lokalpolitikern der Hund beißen. Er könnte als der Mann in die Inselgeschichte eingehen, unter dessen Ägide der Abfallberg wuchs und wuchs, obwohl seine Versprechungen einer ‚Grünen Insel‘ und eines ehrgeizigen Recyclingprojekts das Gegenteil simulierten. Jaikwang gilt längst als zu schwach und ohne den nötigen Einfluss, um einen Masterplan mit Folgekosten in Milliardenhöhe durchzudrücken.
Wie sollen Journalisten mit diesem Umweltskandal umgehen? Unsere Redaktion nimmt Kritik gerne an, wir verweisen im Gegenzug darauf, dass wir als Erste in Kooperation mit der englischsprachigen Samui Times bereits vor Jahren auf die Müllproblematik aufmerksam gemacht hatten. Wiederholt brachten wir Beiträge über die sich zuspitzende Lage bei Hua Thanon.
In Sonderberichten und in aktuellen Reportagen skizzierten wir deutlich, dass sich die einheimische Bevölkerung – insbesondere die Anrainer der Mülldeponie – akut gefährdet sahen. Aus der Riesendeponie mit ihren haushohen Abfallbergen sickert ungehindert hochgiftiges Wasser durch und rinnt talabwärts. Dort vermengt es sich mit bestehenden Tümpeln oder fließt in Gebirgsbächen ab: eine enorme Belastung für Obstplantagen und Gemüseanbauer in diesem Umfeld.
Die geschätzten 1,5 Millionen Urlauber auf Koh Samui pro Jahr kümmert das schwelende Abfallproblem auf ihrer Urlaubsinsel kaum. Keiner will sich die Traumwochen vermüllen lassen, immer wieder fing sich auch die FARANG-Redaktion herbe Schelte ein, wenn wir zu negativ über Koh Samui berichteten und zu kritisch über solche Missstände.
Immerhin scheint es neue Aktivitäten bei der Provinzregierung in Surat Thani zu geben, die in Kontakt mit der Militärregierung Thailands steht. Das Müllthema auf der Insel ‚brennt‘ hinter den politischen Kulissen – auch wenn auf Koh Samui kaum noch einer daran glauben mag, dass erkennbare Konsequenzen gezogen werden und eine nachhaltige Lösung in Sicht gerät. Verharmlost werden darf das Thema auf keinen Fall. Bürgermeister Jaikwang sagte vor drei Jahren in privater Runde resigniert, dass ihm kein Problem mehr Kopfschmerzen bereite als die Müllmisswirtschaft auf der Insel. Seither hat sich seine Migräne eher verschlechtert.
von Sam Gruber
KOH SAMUI: Kein Problem stinkt auf Thailands drittgrößter Ferieninsel mehr zum Himmel als das Chaos um die Müllentsorgung. Seit Jahren gibt es Kritik. Panische Anwohner blockierten mehrfach die Zufahrt zur Deponie bei Hua Thanon. Und vor einem Jahr drohte Samuis Bürgermeister Ramnate Jaikwang sogar die Absetzung, wenn er die außer Kontrolle geratene Deponie nicht in geordnete Bahnen gelenkt bekomme.
Was ist seither passiert, außer regelmäßigen Schmäh-Kommentaren in sozialen Netzwerken und in meist deutschsprachigen Online-Medien? Antwort: Nicht viel. Koh Samuis Inseloberhaupt Jaikwang versuchte mit drei unterschiedlichen Entsorgungsunternehmen Abhilfe zu schaffen. Alle drei wurden binnen weniger Monate wegen Unfähigkeit ‚entsorgt‘ – aber die Müllberge wuchsen weiter.
Sogar der FARANG-Redakteur geriet ins Visier und wurde ins Untätigkeitsboot mit der Inselverwaltung verfrachtet. Wütende Kritiker tobten, manche davon fahren turnusmäßig auf die hinter dem Provinzgefängnis gelegene Deponie, schießen Fotos und setzen diese auf Facebook in Szene. Lösungsvorschläge können auch sie nicht vorbringen, die meisten produzieren selbst Hausmüll und tragen wie alle auf der Insel zum Anstieg des Problems bei.
Lösungsvorschlag Nummer 1: Die seit nunmehr fast zehn Jahren stillstehende Verbrennungsanlage japanischer Hersteller wieder in Gang zu bringen und dann den Müllberg sukzessive wegzubrennen. Antwort: Die Anlage gilt als irreparabel, mehrmalige Versuche, sie wieder in Gang zu bringen, scheiterten kläglich. Die Japaner haben der damaligen Bezirksregierung in Surat Thani mit ihren Samuianischen Komplizen eine veraltete Technik zum überteuerten Preis untergejubelt. Keiner hatte damals annähernd das Fachwissen für eine so zukunftsweisende Investition.
Lösungsvorschlag Nummer 2: Artgerechte Entsorgung des auf mittlerweile 300.000 Tonnen geschätzten Abfallberges rund um die Deponie bei Hua Thanon. Antwort: Es gibt in Thailand nur drei Unternehmen, die dieses technologisch überhaupt bewerkstelligen könnten – diese sind sehr teuer und die Inselverwaltung wartete bislang vergeblich auf Staatszuschüsse. Allein kann Ramnate Jaikwang diese Mammutaufgabe aus seinem Haushalt nicht stemmen.
Lösungsvorschlag Nummer 3: Möglichst umweltverträgliche Zwischenlagerung des Mülls und Umlagerung bisher wild abgeworfener Abfallberge. Antwort: Eine weitere Deponie wurde bereits in Betrieb genommen – allerdings ist auch das letzte Entsorgungsunternehmen schon wieder abgezogen. Bürgermeister Jaikwang: „Wir waren mit der Leistung und Einsatzbereitschaft dieses Unternehmens erneut nicht zufrieden.“
Vor 14 Monaten drohte Surat Thanis Gouverneur als unmittelbarer Dienstherr dem amtierenden Bürgermeister Koh Samuis mit Amtsenthebung, sollte er Koh Samuis Abfall-Fiasko nicht in den Griff bekommen. Gouverneur Chatpong Chatphum genoss die Rückendeckung der Militärregierung und stellte Jaikwang ein Ultimatum von sechs Monaten. Seither hat keiner mehr etwas aus Regierungskreisen gehört. Nur die sporadischen Berichte von lokalen Anwohnern, deutschen Auswanderern und Online-Medien dauerten an.
Selbst lokalen Politikern, die lange vor der Amtszeit des amtierenden Bürgermeisters Ramnate Jaikwang den Notstand mit verantworteten, dämmert heute, dass ohne einen Befreiungsschlag mithilfe der Armeeregierung keine Entschärfung von Koh Samuis tickender Müllzeitbombe möglich ist. Offen wird darüber gesprochen, dass der Offenbarungseid in Sachen Abfallwirtschaft schon vor Jahren hätte geleistet werden müssen.
Ramnate Jaikwang, dem in seiner zweiten Amtsperiode in den vergangenen drei Jahren keine nachhaltige Verbesserung zugeschrieben werden kann, wird als Letzten in dieser Kette von Lokalpolitikern der Hund beißen. Er könnte als der Mann in die Inselgeschichte eingehen, unter dessen Ägide der Abfallberg wuchs und wuchs, obwohl seine Versprechungen einer ‚Grünen Insel‘ und eines ehrgeizigen Recyclingprojekts das Gegenteil simulierten. Jaikwang gilt längst als zu schwach und ohne den nötigen Einfluss, um einen Masterplan mit Folgekosten in Milliardenhöhe durchzudrücken.
Wie sollen Journalisten mit diesem Umweltskandal umgehen? Unsere Redaktion nimmt Kritik gerne an, wir verweisen im Gegenzug darauf, dass wir als Erste in Kooperation mit der englischsprachigen Samui Times bereits vor Jahren auf die Müllproblematik aufmerksam gemacht hatten. Wiederholt brachten wir Beiträge über die sich zuspitzende Lage bei Hua Thanon.
In Sonderberichten und in aktuellen Reportagen skizzierten wir deutlich, dass sich die einheimische Bevölkerung – insbesondere die Anrainer der Mülldeponie – akut gefährdet sahen. Aus der Riesendeponie mit ihren haushohen Abfallbergen sickert ungehindert hochgiftiges Wasser durch und rinnt talabwärts. Dort vermengt es sich mit bestehenden Tümpeln oder fließt in Gebirgsbächen ab: eine enorme Belastung für Obstplantagen und Gemüseanbauer in diesem Umfeld.
Die geschätzten 1,5 Millionen Urlauber auf Koh Samui pro Jahr kümmert das schwelende Abfallproblem auf ihrer Urlaubsinsel kaum. Keiner will sich die Traumwochen vermüllen lassen, immer wieder fing sich auch die FARANG-Redaktion herbe Schelte ein, wenn wir zu negativ über Koh Samui berichteten und zu kritisch über solche Missstände.
Immerhin scheint es neue Aktivitäten bei der Provinzregierung in Surat Thani zu geben, die in Kontakt mit der Militärregierung Thailands steht. Das Müllthema auf der Insel ‚brennt‘ hinter den politischen Kulissen – auch wenn auf Koh Samui kaum noch einer daran glauben mag, dass erkennbare Konsequenzen gezogen werden und eine nachhaltige Lösung in Sicht gerät. Verharmlost werden darf das Thema auf keinen Fall. Bürgermeister Jaikwang sagte vor drei Jahren in privater Runde resigniert, dass ihm kein Problem mehr Kopfschmerzen bereite als die Müllmisswirtschaft auf der Insel. Seither hat sich seine Migräne eher verschlechtert.
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