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Info Deutsch A1 Zertifikat - meine Erfahrungen

sandfloh

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15 Juni 2014
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Hallo ihr Lieben, heute möchte ich meine Erfahrungen zum Deutsch A1 Sprachzertifikat zusammenfassen. Vielleicht hat der ein oder andere Verwendung dafür.

Vor einigen Tagen hatte meine Freundin im Goethe-Institut in Bangkok ihren Sprachtest Deutsch, um das für den Aufenthalt in Deutschland notwendige Zertifikat A1 zu erlangen. Wie der Test ausgegangen ist, erfahrt ihr weiter unten :)

Das Zertifikat A1 ist Voraussetzung für ein Heiratsvisum und dafür, dass man nach der Eheschliessung in Deutschland ein Aufenthaltsvisum über das 3-monatige Heiratsvisum hinaus beantragen kann. Ein solches Visum gilt dann für jeweils ein Jahr und kann (solange die Ehe Bestand hat) immer wieder beantragt werden, bis nach einigen Jahren eine unbeschränkte Aufenthaltserlaubnis möglich ist.

Begonnen hat unsere Reise ins wilde Sprachistan Anfang 2016, genauer gesagt bereits in den ersten Wochen im Januar. Unser Status zu diesem Zeitpunkt: Meine Thai-Freundin versteht Englisch sehr gut und spricht es auch mit ordentlicher Aussprache, macht aber grausame Fehler, die einem die Buchstabensuppe in die Augen treiben.
Typischerweise fehlen in ihren Sätzen Bestandteile, die man offenbar im Thailändischen nicht braucht. Dort braucht man ja auch keinen Anorak. SPO, also Subjekt Prädikat Objekt, ist eine Konstruktion, die wir im Deutschen und im Englischen kennen, also "Ich esse Pizza". In ihren Sätzen ist jedoch nicht immer klar, wer gerade etwas macht, weil die Person häufig nicht benannt wird. Auch Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft erschliessen sich nicht immer, denn üblicherweise wird das Verb von ihr in seiner Gegenwartsform verwendet. "Eat pizza" kann also bedeuten, dass sie es gerade tut, es erst noch vorhat oder sie bereits satt ist. Oder dass ich Pizza gegessen habe. Oder essen soll. Oder wir beide.

Für das Erlernen einer zweiten Fremdsprache, die dem Englischen einigermaßen ähnelt, ist das vorhandene Wissen also sicher eine Hilfe, aber auch nur begrenzt. Allerdings denke ich, dass sie die ganzen Regeln schon kennt, aber diese schlichtweg nicht anwendet, weil niemand sie dazu zwingt. Für das qualifizierte Deutsch und das Bestehen des Tests wird sie das nun allerdings müssen.


Englisch ist schonmal die halbe Miete


Dass Englisch und Deutsch extrem ähnlich sind, ist vielleicht nicht jedem bewusst. Tatsache ist aber, je länger man sich mit den Sprachen beschäftigt, um so auffälliger wird es. Und tatsächlich entstammt das Englische als Sprache dem Germanischen, welches ja auch die Basis des modernen Hochdeutsch ist. Englisch ist also eine Abzweigung im Sprachbaum, der häßliche Bastard. Oder für Freunde von Game of Thrones, der John Snow :). Gut für meine Freundin, denn Französisch (also Sprache) dürfte um Welten schwieriger in ihren Kopf gehen als Englisch...oder Französisch als Performance.

Wir hatten seinerzeit in Bangkok bereits zwei thailändische Taschenbücher über die deutsche Sprache gekauft. Und damit während unserer Autofahrten auch schon ein bisschen herumgespielt. "Gesundheit" war ihr erstes deutsches Wort. Und ein paar weitere haben wir ebenfalls gelernt. Fruchtbar und solide war das allerdings nicht und es ist bei einigen lustigen Wörtern geblieben. Ich hatte seinerzeit auch versucht, ihr ein paar Elemente der Sprachkonstruktion zu erklären und das immer und immer wiederholt, in der Hoffnung, dass es in ihrem Thai-Female-Memory irgendwo zwischen Essen, Shoppen und Schlafen gespeichert wird, wenn sie es zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht völlig versteht.
So bekam sie von mir zu hören, dass wir drei Geschlechter kennen, also männlich, weiblich und sächlich/neutral (= er, sie, es). Und dass wir unterscheiden zwischen informell und formell (= Du bist nett, Sie sind nett). Solche Sachen habe ich gesät.


Der erste ernsthafte Schritt

Im Januar 2016 kam sie mich für zwei Monate in Deutschland besuchen. Es war ihr erster Trip nach Europa, und für uns war es auch ein Test, wie sie damit klarkommt. Gleichzeitig war es auch "ultra violence Level" in Deutschland, wenn es war arschkalt. Wenn Du Januar in Deutschland kannst, kannst Du jeden Monat.
Nach einer Woche Husten hatte sie sich eingewöhnt und unter der Decke sitzend mit unserem ersten ernsthaften Sprachversuch begonnen. Uns war klar, dass A1 erreicht werden muss, wenn es eine Zukunft geben soll.

Meine Vorstellung von den Anforderungen von A1 waren, rückblickend betrachtet, etwas leichtfüssig. Ich dachte mir, dass wir es in den zwei Monaten hinbekommen sollten, den Testlevel zu erreichen und vielleicht sogar noch kurz vor dem Rückflug Ende Februar in den Test reingehuscht und den noch mitgenommen. Aber Pustekuchen.
Und das, obwohl ich mich entschlossen habe, die Segnungen der modernen Technologie voll auszuschöpfen und beim Goethe Institut den Deutsch Online Kurs gekauft habe, für schlappe 638,- Euro

weiter geht's im nächsten Beitrag
 

Uwe_1

...
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14 Juni 2012
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Obwohl viele anderer Meinung sind, finde ich besser, wenn zumindest das A1 Zertifikat im Heimatland des Mädels gemacht wird.

Zumindest 100 mal besser als die Kurse in der Volkshochschule in Deutschland, in der sie in einer Sprache unterrichtet wird, die sie ja noch gar nicht versteht.

Und für mich als Partner finde ich es auch schwer, sie zuhause zu unterrichten, da das bei uns immer im Streit endet, da sie keine Vokabeln lernen möchte,
da sie der Ansicht ist, Vokabeln wären nicht wichtig.

Und da Streit zuhause mir nicht so liegt, dauert es halt länger bis sie Deutsch sprechen kann.

Ach ja besucht hat meine Frau, bis jetzt:

2 mal den A1 in Thailand.
2 mal den A2 in Deutschland, da die Lehrerin meinte sie wäre nach dem ersten mal A2 noch nicht so weit für den B1.

Wo sie auch recht hatte, aber auch jetzt nach dem zweiten mal, meiner Meinung nach noch nicht bereit ist.

Also pendeln wir gerade mit dem Gedanken zwischen nochmal den A2 machen, oder den Versuch mit B1.
 

sandfloh

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15 Juni 2014
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Deutsch kann ja nicht so schwer sein. Spricht ja jeder Depp hierzulande.

Ob auch jeder Depp die 638,- Euro für einen Online Kurs bezahlt, bleibt fraglich. Wir haben es jedenfalls gemacht. Immerhin gibt es zwei Wochen Rückgaberecht zu folgenden Konditionen: Der Kurs ist 6 Monate verfügbar, die getestete Zeit innerhalb des Widerrufsrechts wird im Verhältnis vom Preis abgezogen, sofern man zurücktritt. Nach einer Woche bliebe ein Betrag von 24,50 Euro als "Abnutzungsgebühr". Das Risiko kann man eingehen und prüfen, ob der Online Kurs inhaltlich und didaktisch den eigenen Erwartungen entspricht. Wo Goethe Institut draufsteht, sollte bittschön auch Mercedes Benz drinstecken.

Ein paar Klicks und ein paar Ziffern der Kreditkarte später habe ich die Bestellung durchgeführt. Nun kann es sofort losgehen. Oder auch nicht, denn es ist kurz vor Wochenende, und die Mühlen der Verwaltung mahlen, wie zu Goethes Zeiten, langsam. Der Online-Shop suggeriert High-Speed, aber faktisch wird meine Bestellung erstmal von der Sachbearbeiterin gestempelt und abgeheftet, bis ich an mein Passwort für den Login komme. Das ist ernüchternd. Und wenig Start-Up-Like.


Ultramodern in Schrittgeschwindigkeit

Eine gute halbe Woche später ist es dann tatsächlich soweit, man teilt uns die Zugangsdaten für das Lernportal mit. Wir loggen uns ein und finden jede Menge Kapitel (etwa 18) mit Unterkapiteln (jeweils etwa 10, zusätzliche werden vereinzelt von der Lehrerin dazugeschaltet, wenn man alle offiziellen durchhat), die wir durcharbeiten sollen und wollen. Erst, wenn man ein Kapitel erfolgreich beendet hat, steht der Weg ins nächste offen.

Die Bedienung ist ein bisschen fummelig, für Leute mit IT-Erfahrung aber keine große Herausforderung. Insgesamt ist die Technologie hinter dem Lernportal eher old school und ab und zu klemmt mal was. Dann muss man leider ein Antwortformular erneut ausfüllen, was etwas ärgerlich ist, weil die Arbeit verloren geht. Es gibt kleine Videos, Hörtexte, Sachen, die man per Drag & Drop an die richtige Stelle legen muss, Multiple Choice Fragen und all das, was man typischerweise erwartet.
Der Inhalt ist knackig, aber meine Freundin beisst sich durch und arbeitet stundenlang alles ab, immer mit dem Ziel, die 100% zu erreichen, was ihr zumeist auch gelingt. Sie geht allerdings viel zu schnell voran, ich freue mich zwar, aber natürlich kann sie nicht alles behalten und es wird auch nicht leichter, je weiter sie kommt. Ab und an verzweifelt sie.


Verzweiflung auf allen Ebenen

Verzweifelt wäre sie von Anfang an, wäre ich nicht dabei gewesen. Für sie ist die Bedienung und die Philosophie dahinter ein Rätsel, das ich ihr erst erklären muss. Darüber hinaus sind die Anleitungen für die Übungen in Deutsch, das versteht sie natürlich nicht. Lediglich kein kleines Infosymbol zeigt die Überschrift in Englisch. Das ist übrigens auch die unterstützende Sprache, Thailändisch kennt das System nicht.

Kurz zusammengefasst: Der Preis von gut 600 Euro für den Online-Kurs halte ich grundsätzlich für angemessen, wenn man im Ergebnis eine Niveaustufe in der Sprache weiterkommt (es gibt diese Kurse auch für A2 etc.). Allerdings ist das System altbacken, die Bedienung erschliesst sich nicht jedem sofort und der Anforderungslevel viel zu hoch, weil man in keiner Weise unterstützt wird. Wer das gemeinsam mit einem Deutschlehrer durcharbeitet und darüber hinaus auch noch extern Sprech- und Hörübungen macht, für den kann das Material hilfreich sein. Die typische asiatische Hausfrau geht mit diesem Kurs aber unter. Es reicht nunmal einfach nicht, das Kursbuch auf eine Internetseite zu stellen. Das ist genauso sinnvoll, wie wenn man eine Buchverfilmung macht, in dem man das Buch in die Kamera hält und ab und zu mal die Seite umblättert. eLearning kann sooo viel mehr. Goethe sollte ich mit einem eLearning Startup zusammentun und was tolles Neues produzieren.

Neben den schriftlichen Antworten gibt es auch Übungen, bei denen man eine Sprachaufnahme machen muss. Der Klassiker aus der ersten Stunde jedes Deutschkurses ist "Mein Name ist x, ich komme aus y, ich spreche z". Dies lässt sich im Goethe Onlinekurs aufzeichnen, sobald die entsprechende Übung dazu auffordert. Man kann es nochmal abhören und dann an seinen Lehrer schicken.

Der nächte Punkt: Wir haben einen Lehrer. Eine Lehrerin. Sie schickt uns zu Beginn eine Nachricht und wir werden sie in zwei Einzelstunden per Videochat kennenlernen. Ausserdem kontrolliert sie alle unsere Freitextübungen und Sprachaufnahmen und schickt uns Bemerkungen dazu. Das geschieht auch recht flott, es dauert nie länger als einen halben Tag, bis wir eine Übung bewertet bekommen, und immer ist auch ein lobendes Wort dabei. Die Stunde freies Sprechen, oder auch das Kennenlernen, verläuft allerdings katastrophal schlecht. Ich lasse meine Freundin völlig allein damit und mische mich nicht ein. Ausserhalb der Linse beobachte ich nur.

Die Lehrerin ist kaum zu verstehen, und meine Freundin versteht sie auch nicht. Die Lehrerin hat offenbar keinerlei Erfahrung mit Asiaten und damit, wie diese reagieren, wenn etwas nicht funktioniert. Ich selbst hätte der Tante kurz und knapp gesagt, dass das hier Scheisse läuft. Meine freundliche Freundin hingegen antwortet höchtens mal ein nettes Ja, selbst wenn sie die Frage nicht verstanden hat. Voll für'n Arsch. Die Frau am anderen Ende der Leitung scheint eine Lehramtsstudentin zu sein. Nachdem die Sprechstunde, also eher die Fragezeichenstunde zuende ist, gebe ich meiner Freundin ein Feedback. Für Goethe gibt's hier 0 von 10 Punkten.

Nach einigen Wochen sind wir in Kapitel 4. Meine Freundin lernt schneller als ich, der immer große Mühe hat, sich etwas zu behalten. Ich bin schon ein bisschen stolz auf sie. Geiles Stück. Das geht wirklich toll, aber sie ist so derart weit davon entfernt, in dieser Sprache lauffähig zu sein, dass ich mir schon Gedanken mache. Sie kriecht noch als Amöbe durch die Ursuppe, A1 Level wäre aber immerhin einbeiniger Krückengang. Oh weh.

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sandfloh

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15 Juni 2014
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Es ist nun Mitte Februar. In einer guten Woche fliegt meine Freundin zurück. Sie war fleißig, aber über die ersten Kapitel hinaus haben wir es tatsächlich nicht geschafft. Und begriffen hat sie von all dem auch nur einen Teil. Man kann es einfach nicht erzwingen sondern muss der Sache Zeit geben.

Wir haben eine Entscheidung getroffen. Sie wird in Bangkok in die Schule gehen. Und weil ich, wie üblich strategisch denke, entscheiden wir uns für das Goethe Institut in Bangkok. Die machen schließlich auch die Prüfung. Vielleicht sind es sogar dieselben Lehrer. Nachtigall, ick hör Dir trapsen. Wenn das keine gut angelegten Baht sind...

Das Institut liegt ein paar Schritte hinter der deutschen Botschaft. Ein Anwesen mit mehreren sehr gepflegten Häusern im Thai Stil inmitten eines zauberhaften Gartens. Welch eine schöne Konvertierung deutscher Steuergelder. Im letzten Jahr bin ich dort aus Neugier selbst gewesen, darum fällt es mir nun leicht, es ihr zu empfehlen.

Das Goethe Institut liegt ein paar Gehminuten von der U-Bahn entfernt, die wiederum bringt meine Freundin zur Skytrain, es folgt das Sammeltaxi und schließlich das eigene Auto. Da wir den Nachmittagskurs gebucht haben, findet die zwei- bis dreistündige Reise jeden Tag (einfache Fahrt) zumindest zu erträglichen Zeiten statt. Abends ist allerdings Feierabendverkehr. Entschieden haben wir uns für den Superintensivkurs, das ist die höchste Verdichtungsstufe, mit der man den Stoff in die Hirne der Studenten reinpressen kann.

So sieht der Kurs aus:
- 4 Wochen mit 80 Unterrichtseinheiten á 45 Minuten
- 5 Tage pro Woche
- 20 Unterrichtseinheiten pro Woche
- 4 Unterrichtseinheiten pro Tag
- Montag bis Freitag
- 08:30 - 12:00 Uhr oder 13:00 - 16:30 Uhr

Was nicht erwähnt wird, ist der zusätzliche freiwillige Abendkurs, der nichts extra kostet. Hier wird geübt und getestet. Also nochmal eine Stunde oder zwei zusätzlich, und das zweimal die Woche. Meine Freundin nimmt das auch noch mit, sie zeigt sich wiedermal schmerzfrei und beisst sich durch.

Wir haben, wie gesagt, den Nachmittagskurs gewählt. Den Preis habe ich schon wieder vergessen. Waren rund 9000 Baht. Plus ein Buch für gute 1000 Baht, das man hätte vielleicht auch irgendwo gebraucht abstauben können. Versuchte ich meiner Freundin zu erklären, war aber gegen die Wand gequatscht. Solche Konzepte scheinen unbekannt, also das Buch kurzerhand neu gekauft.


Allerdings...

Allerdings ist es mit dem Superintensivkurs nicht getan, denn nach den 4 Wochen schließt sich ein zweiter an. Die Anmeldung zum Ur-Kurs verlief absolut problemlos und kurzfristig per E-Mail. (Anmeldung zum zweitne Kurs ebenfalls kein Problem) Zurück in Bangkok ist meine Freundin direkt zum ollen Goethe ins Gartenhaus gerannt und hat angezahlt. Und als der Kurs dann 1-2 Wochen später losging, wurde der Rest bezahlt.

In der Schulklasse sitzen knapp 15 Schülerinnen und Schüler. Neben den vermuteten Bargirls auch Studenten, die sich hier zusätzliche Sprachkenntnisse aneignen. Für die Girls und Bargirls gilt wohl ausnahmslos: A1 ist die Fahrkarte zum Heiratsvisum. Darum sind sie hier.

Im März ging es also los...


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whynotinmuc

leben und leben lassen
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21 Dezember 2012
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Tapong/Rayong München
Hallo ihr Lieben, heute möchte ich meine Erfahrungen zum Deutsch A1 Sprachzertifikat zusammenfassen. Vielleicht hat der ein oder andere Verwendung dafür.

Vor einigen Tagen hatte meine Freundin im Goethe-Institut in Bangkok ihren Sprachtest Deutsch, um das für den Aufenthalt in Deutschland notwendige Zertifikat A1 zu erlangen. Wie der Test ausgegangen ist, erfahrt ihr weiter unten :)

Das Zertifikat A1 ist Voraussetzung für ein Heiratsvisum und dafür, dass man nach der Eheschliessung in Deutschland ein Aufenthaltsvisum über das 3-monatige Heiratsvisum hinaus beantragen kann. Ein solches Visum gilt dann für jeweils ein Jahr und kann (solange die Ehe Bestand hat) immer wieder beantragt werden, bis nach einigen Jahren eine unbeschränkte Aufenthaltserlaubnis möglich ist.

Begonnen hat unsere Reise ins wilde Sprachistan Anfang 2016, genauer gesagt bereits in den ersten Wochen im Januar. Unser Status zu diesem Zeitpunkt: Meine Thai-Freundin versteht Englisch sehr gut und spricht es auch mit ordentlicher Aussprache, macht aber grausame Fehler, die einem die Buchstabensuppe in die Augen treiben.
Typischerweise fehlen in ihren Sätzen Bestandteile, die man offenbar im Thailändischen nicht braucht. Dort braucht man ja auch keinen Anorak. SPO, also Subjekt Prädikat Objekt, ist eine Konstruktion, die wir im Deutschen und im Englischen kennen, also "Ich esse Pizza". In ihren Sätzen ist jedoch nicht immer klar, wer gerade etwas macht, weil die Person häufig nicht benannt wird. Auch Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft erschliessen sich nicht immer, denn üblicherweise wird das Verb von ihr in seiner Gegenwartsform verwendet. "Eat pizza" kann also bedeuten, dass sie es gerade tut, es erst noch vorhat oder sie bereits satt ist. Oder dass ich Pizza gegessen habe. Oder essen soll. Oder wir beide.

Für das Erlernen einer zweiten Fremdsprache, die dem Englischen einigermaßen ähnelt, ist das vorhandene Wissen also sicher eine Hilfe, aber auch nur begrenzt. Allerdings denke ich, dass sie die ganzen Regeln schon kennt, aber diese schlichtweg nicht anwendet, weil niemand sie dazu zwingt. Für das qualifizierte Deutsch und das Bestehen des Tests wird sie das nun allerdings müssen.


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Da kann ich viele Sätze von unterschreiben, same same, not different. :bbs72
 
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sandfloh

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15 Juni 2014
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Was steckt eigentlich in A1?

A1 ist der erste Sprachlevel, den man erreichen kann. Gemeinsam mit dem folgenden Level A2 handelt es sich um "Elementare Sprachverwendung". Das anschließende B1 und B2 ist dann schon "Selbstständige Sprachverwendung". C1 und C2 schließlich bezeichnen "Kompetente Sprachverwendung", also ein sehr gepflegtes Stammtischgespräch. Aber davon sind wir noch weit entfernt. A1 ist:

Kann vertraute, alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verstehen und verwenden, die auf die Befriedigung konkreter Bedürfnisse zielen. Kann sich und andere vorstellen und anderen Leuten Fragen zu ihrer Person stellen - z.B. wo sie wohnen, was für Leute sie kennen oder was für Dinge sie haben - und kann auf Fragen dieser Art Antwort geben. Kann sich auf einfache Art verständigen, wenn die Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartner langsam und deutlich sprechen und bereit sind zu helfen.


A1 umfasst beispielsweise nicht die korrekte Anwendung von der, die, das. Konsequenterweise haben wir beim Lernen auf die Artikel bei den Hauptwörtern verzichtet. Für die Prüfung haben wir uns folgendermaßen vorbereitet: Immer wie weibliche Form "die" benutzen. Gefühltermaßen ist "die" mindestens so häufig wie "der". Und kommt deutlich öfter vor als "das". Die Auto, die Haus, die Zug. Aber auch die Familie, die Woche, die Reise, die Fahrt und die Fahrkarte.

Parallel zum nicht notwendigen grammatikalischen Geschlecht lernen wir auch kein unterschiedlichen Formen von "mein" (also "mein, meine"), von "kein", "ein" und dem ganzen anderen Kram. Das ist alles schon nicht mehr A1 Level und wird auf das Minimum reduziert.
Dennoch ist A1 ein echter Brocken. Denn selbst um nur rudimentär ein Gespräch mit Fragen, Antworten und Aussagen zu einigen Kernthemen zu verstehen, ist jede Menge Know How gefragt. Und ich möchte nicht wissen, welch reissender Sturzbach an Thai-Tränen an dieser Front jeden Tag vergossen wird beim Versuch, diese (Sprach-)Barriere zu überwinden.

Die Kernthemen, aus denen sich das Vokabular und die Fragen und Antworten in A1 ergeben, umfasst Bereiche wie "sich selbst vorstellen", "reisen", "wohnen", "einkaufen", "arbeiten" "Familie und Freunde" und einiges mehr. Das ist die Überlebensausrüstung, mit der man über Deutschland im Dunkel der Nacht abgeworfen wird.
Grammatikalisch stößt man bis an die Grenze "Vergangenheit als Zeitform", also "ich bin geschwommen", bzw. "ich schwamm" und in die Untiefen der Fälle (weiss jemand, was das ist? :), also hier den Dativ und Akkusativ (Genitiv wohl noch nicht) "ich kaufe DEN Wagen", "ich folge DEM Mann". Das sind allerdings Dinge, die schon nicht mehr im Test vorkommen, kann man also geflissentlich ignorieren. Versteht schon kein Deutscher, der es nicht studiert oder vor 1975 Abitur gemacht hat. Wie soll das ein Thai kapieren. Ist sowas wie die deutsche Steuergesetzgebung: ein echtes Geschenk an die Welt.


Niemand fällt durch!

Bevor wir uns den Inhalt des A1 Test ansehen, möchte ich auf die beiden Schulmonate eingehen, jeweils vier Wochen, zwischen denen eine gut zweiwöchige Pause um die Sonkran Zeit herum lag:
In der Schule wird konsequent Deutsch gesprochen. Von den Stunden im Detail bekomme ich nichts mit, aber wir sprechen über die Inhalte. Abends gegen 20 Uhr, wenn sie wieder zuhause ist, macht sie Hausaufgaben. Jeden Tag ist es hart für sie. Und jeden Tag wird es härter. Ich merke, wie weich und wenig belastbar sie ist. Natürlich haben wir eine Extrembelastung, aber ich bin etwas erschrocken, wie nah sie am Zusammenbrechen ist. Ich nehme an, dass sie heimlich weint wegen des Stresses. Sie sagt mir, dass es hart ist und ich sage ihr, wir versuchen es einfach. Die Lehrerin, diejenige, die online nicht zu verstehen war, hatte gesagt, dass niemand durch die A1 Prüfung fällt. Es wäre eher sowas wie eine Einladung in die Sprache.

Ich baue meine Freundin auf, soweit ich das aus der Ferne kann. Keine schöne Zeit für sie. Als der zweite Kurs beginnt, will sie aufgeben, weiss aber auch, dass es keine Alternative gibt. Und da sie keine hat, macht sie weiter. Wir einigen uns darauf, dass wir einfach mal schauen, wie wir uns fühlen, wenn der Test kommt. Wenn wir uns nicht dazu in der Lage sehen, lernen wir einfach noch ein bisschen länger. Das ist Teil meines teuflischen Plans. Ich sage, wenn wir einfach mal zum Testen des Tests den Test machen, dann sehen wir, wie er ist. Kostet uns ja nichts. Abgesehen von der Testgebühr. Vielleicht schaffen wir es sogar. Und wenn nicht, dann haben wir die Testsituation und die Original Testfragen schon einmal gesehen und beim zweiten Versuch wird es einfacher. So motiviere und zwinge ich sie alternativlos voran.

Und die letzten beiden Wochen beginnen...

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sandfloh

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15 Juni 2014
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Ein Mädchen in der Schule erzählt, sie kenne eine, die schon sieben Mal durchgefallen ist.

Die pure Panik greift um sich. Stampede. In den Abendklassen werden Probetests gefahren, und die Ergebnisse sind ernüchternd. Zumindest für alle, die an Wunder geglaubt haben. Und an die unbefleckte Empfängnis durch den heiligen Geistesblitz. Der Trainer versucht zusammenzuhalten, was noch da ist. Ins Ziel zu retten, was noch irgendwie zappeln und schwimmen kann. Der Trainer bin ich.

Eine Mitschülerin mit etwas besseren Vorkenntnissen hat von ihrem deutschen Mann einen Diamantring versprochen bekommen, wenn sie 90% im Testergebnis erreicht. Ich verspreche meiner Freundin ein diamantenes Auto für dasselbe Ergebnis. Es sind noch zweieinhalb Wochen bis zum Prüfungstermin, der sich einen Tag nach dem letzten Schultag anschließt. Wir werden es versuchen.
Statt Wochenenden lernen wir. Samstags und Sonntags. Dann haben wir noch einen Feiertag, dann wieder einen Samstag und Sonntag. Wir spielen den Dummytest durch, den Goethe ins Netz gestellt hat. Exakt dieselbe Struktur wie der richtige Test, nur eben mit leicht variierenden Inhalten.
Wir spielen dabei das Originalszenario durch, machen die Originalreihenfolge und ich fange jedes Mal damit an, ihr zu beschreiben, was passiert. Sie soll es sich vor Augen führen:

- Du kommst in den Raum
- ID zeigen, um sich zu identifizieren
- Du bekommst zwei Arten von Papieren: die Examenspapiere und das Antwortblatt
- Schreibe Deinen Namen auf das Antwortblatt

Und was passiert dann? Und was steht im Test?

Das steht im nächsten Beitrag
 

sandfloh

ReMember
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15 Juni 2014
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Der A1 Test besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Der schriftliche Teil dauert 65 Minuten. Danach gab es in unserem Fall eine Mittagspause. Es schließt sich der mündliche Test an, der 15 Minuten dauert.

Der schriftliche Teil wiederum besteht aus drei einzelnen Segmenten, dem Hören, dem Lesen und dem Schreiben.


a) Hören:
Der Prüfling findet auf seinen Examenspapieren die Antwortmöglichkeiten für 15 Antworten, die zu geben sind. Der Reihe nach werden Audioclips abgespielt, die jeweils zwei Mal zu hören sind.
Dann muss angekreuzt werden. Hat die Dame 115, 150 oder 15 gesagt? Manchmal ist es auch richtig fies: Jemand sagt, der Aufzug ist links. Aber der ist kaputt. die richtige Antwort war schließlich "Treppe".
Für die fünfzehn Kreuzchen gibt es 20 Minuten. Das Hören dauert 15 Minuten für 15 Clips, die jeweils nur ein paar Sekunden lang sind. Aber oft mit Hintergrundgeräuschen vermischt oder mit Gesprächen, die weit von A1 entfernt liegen. Danach ist noch 5 Minuten Zeit, die Antworten auf das Antwortblatt zu kopieren. Hören ist so eine Art Rückgratbrecher, der die armen Schülerseelen direkt in eine der untersten Etage der Verdammnis führt. Hier wird man erstmal auf sein mikriges Originalformat zurechtgestutzt :)

Welche Strategie hatten wir:
Es gibt immer drei Antworten und immer eine einzige ist richtig. Alle drei Antworten sich selbst lautlos vorlesen, so dass man weiss, wie sie klingen. Mit dem Blick auf die Antworten zuhören und auf die Wörter warten. Konnte man irgend etwas identifizieren? Wenn man eines der dort stehenden Antwortwörter gehört hat, hat man meist schon gewonnen. Kommen mehrere vor, ist es oft das letzte, das zählt. z.B. bei "Der Aufzug ist kaputt, nehmen sie die Treppe". Letzes Wort "Treppe", einbuchen.
Beim zweiten Hördurchgang versuchen, die bevorzugte Antwort zu verifizieren. Ankreuzen. Vergessen und auf das nächste warten.


Weiter geht`s. Und zwar mit
b) Lesen
Jetzt ist der Druck etwas reduziert. Zumindest hat man im Rahmen der zur Verfügung stehenden 25 Minuten freie Zeiteinteilung.
Im ersten Teil müssen aus dem Inhalt von zwei Nachrichten (E-Mails, Briefe) heraus die nachstehenden Fragen mit "richtig" oder "falsch" beantwortet werden. Also "Ralf hatte am letzen Wochenende Geburtstag". Das ist natürlich falsch, denn im Text steht, dass er am kommenden Wochenende Geburtstag haben wird. Für jemanden, der nur rudimentäre Sprachkenntnisse hat, eine eklige Herausforderung. Auf Thai möchte ich das nicht machen.

Welche Strategie hatten wir:
Zunächst prüfen, was für ein Dokument wir vor uns haben. also z.B. eine E-Mail. Das habe ich nicht zuletzt darum gemacht, damit meine Freundin immer gleich zu Beginn eine Aufgabe zu lösen hatte, die kinderleicht war. Klaro, das ist eine E-Mail, sieht doch ein Blinder mit Krückstock!
Nächster Schritt: Wer schreibt hier an wen? Also Lisa an Hugo. Oder Hans Wurst an Frau Schinkenspeck.
Dann: erste Frage lesen. Ganz wichtig: Die Antworten für die drei Fragen finden sich innerhalb der Nachricht in derselben Reihenfolge wie die Fragen, die man beantworten muss. Also Frage eins verstehen. Oder teilweise verstehen. Oder gar nicht verstehen. Egal. Nach Wörtern suchen, die man kennt. Oft kann man den Inhalt der Frage schon erraten, auch wenn man nur die Hälfte der Wörter versteht. Jetzt dieselben Schlagwörter oder Gleichbedeutendes in der Nachricht suchen. Steht in der Frage "Bahn", dann steht in der Nachricht entweder "Bahn" oder "Zug". In diesem Satz in der Nachricht nach der Antwort suchen. Nicht zulange verweilen, zweite und dritte Frage ebenfalls lösen. Akzeptieren, dass es einzelne Fragen gibt, die man nicht versteht.


Der zweite Lese-Teil besteht sechs Mal aus einer Aufgabe, z.B. "Regnet es in Deutschland", sowie zwei Websiten oder Schildern oder Notizen oder sonstwas, von denen eine der beiden die Antwort liefert. Einfach nur die richtige ankreuzen, a oder b, geschafft. Wäre sehr einfach, wenn es hier nicht zuweilen richtig unangenehm wird. Denn beide Websiten (oder was auch immer) haben Ähnlichkeiten. Hier geht es primär um Vokabular und Zusammenhänge. Für die Frage nach dem Regen stehen auf einer Seite "Wetter aktuell" zur Verfügung. Auf der anderen Seite steht "Regen". Allerdings im anderen Zusammenhang, da steht nämlich "bei Regen findet das Open-Air-Konzert in der Stadthalle statt". Hier bloss nicht ankreuzen. Die richtige Seite war der Wetterdienst.

Welche Strategie hatten wir:
Ganz klar geht es darum, die Frage zu verstehen. Zum Glück waren die Fragen meist in kurzen Sätzen verpackt. "Regen" und "in Deutschland" reicht zum Verständnis aus. Bei der Prüfung der beiden Websites darf man sich nicht zu früh auf eine festlegen, aber andererseits sind manche auch so offensichtlich, dass man nicht unnötig Zeit verschwenden sollte. Die Strategie ist die Suche nach Schlüsselwörtern und das Vergessen von Sachen, die man sowieso nicht versteht: Website zwei hatte "Wetter", "Klima" und "Wetter aktuell". Immer versuchen, Wörter ins Englische zu übersezten bzw. zu überlegen, ob das Wort ähnlich wie ein Englisches ist. Dies natürlich nur dann vorausgesetzt, wenn man Englisch spricht. Mindestens 90% aller Wörter, die so ähnlich im Englischen klingen, meinen auch das gleiche im Englischen. Bei Wetter und Klima und aktuell hat es schomal geklappt.
Nun haben wir aber "Regen" auch im anderen Text. Aber da hilft es, "Open-Air-Konzert" zu lesen, so dass man eher zur richtigen Website tendieren sollte, der vom Wetterdienst.
Die meisten Fragen und Antworten sind auch weniger gemein und leichter zu lösen als diese. Da gibt es bei der Frage nach einer Bootsfahrt eine Antwort mit Schiffen und eine mit einem "Hotel Schiff". Hotel passt irgendwie nicht, als faules Ei aussortieren, zumal das andere zu passen scheint.


Der dritte Lese-Teil: Nochmal Schilder und Hinweise mit meist sehr kurzen Informationen. Dazu eine "richtig" "falsch" Aussage, die es anzukreuzen gilt. Außerdem gibt es zu jeder Aufgabe eine sehr kurze Überschrift, die den Ort der Handlung beschreibt. z.B. "Am Bahnhof". Das Hinweisschild ist "Auf dem gesamten Bahnhof ist das Rauchen verboten". Mit richtig oder falsch zu beantworten ist folgende Aussage "Sie können hier Zigaretten rauchen"

Welche Strategie hatten wir:
Vielleicht verrät bereits der Titel, wo wir uns befinden (Hier "Bahnhof"). Ansonsten ignorieren. Fokus liegt auf der Frage. Was bedeutet sie? "Zigaretten rauchen".
Gibt es ein "kein/keine/keiner" oder eine "nicht"? Wenn ja, handelt es sich um einen negativen Satz, also aufpassen. Wurde hier nicht gefunden.
Im Hinweisschild wurde "Rauchen" und "verboten" erkannt. Das alles reicht, um die Frage zu beantworten. Scheiss auf den restlichen Inhalt, wir sind ja keine Poeten und haben ausserdem keine Zeit.
Auch hier gilt, sich nicht festbeissen. Wenn etwas um's Verrecken nicht verstanden wird, weiterspringen. Später zurückkehren. Und vor dem Abgeben der Zettel einfach 50/50 Joker ziehen und irgendwo ankreuzen, wenn man bis dahin keine Lösung hat. Bringt ab und zu einen unverhofften Bonuspunkt.

Damit ist der Lese-Teil abgeschlossen und weiter gehts im nächsten Beitrag mit dem Schreiben und dem Sprechen
[doublepost=1465489237][/doublepost]
Die Dame mit dem Diamant Ring könnte bekannt sein :lool:

Sag bloß, das ist die Deine? :)
 

sandfloh

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15 Juni 2014
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2.912
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c) Der Schreib-Teil

20 Minuten Zeit hat man für zwei Aufgaben. Es gilt, unterhalb eines kleinen Textes ein Formular auszufüllen. Danach steht das freie Schreiben eines kurzen Briefes an.

Welche Strategie hatten wir:
Zuerst das Formular machen. Das dauert maximal ein paar Minuten und bringt fette Punkte. Hier direkt zu den fünf offenen Feldern im Formular gehen und schauen, was fehlt. z.B. "Anzahl der Personen" und "davon Kinder". Oder "Geburtsort" und "Wohnort". Die Antworten auf die fünf offenen Formulareinträge finden sich (ohne Gewähr) wieder in derselben Reihenfolge wie die Formulareinträge. Alles lässt sich rasch finden und von den fünf Antworten sollten mindestens 4 immer drin sein. Jede Antwort gibt einen Punkt, also maximal fünf. Für die schwierige folgene Aufgabe gibt es auch nur 10 Punkte, das hier ist also leicht verdient.

Jetzt das freie Schreiben. Aufgabe ist es, anhand der zunächst gemachten Informationen einen Brief zu schreiben und drei Inhalte zu vermitteln. Der erste Inhalt ist IMMER "Warum schreiben Sie?"
Eigentlich ist dies die Königsdisziplin, aber ein bisschen Strategie hilft auch hier: Zunächst ermitteln, ist es formell oder informell? Wenn oben steht: Frau Schmidt, dann ist es formell. Steht aber "ihre Freundin Anna", ist es informell.
Es gibt drei Bereiche im Antwortschreiben
- Der Kopf
- die drei Inhalte
- Der Abschluss

Der Kopf ist immer "Sehr geehrte Frau Schmidt," oder "Sehr geehrter Herr Schmidt," oder "Sehr geehrte Damen und Herren,". Das kann man ja wohl auswendig lernen und so die entsprechenden Punkte für nix einsammeln.
Der Abschluss ist immer "Liebe Grüße," oder "Mit freundlichen Grüßen,". Auch geschenkt. Namen drunter nicht vergessen.

Die drei Inhalte sind auf den ersten Blick eine Herausforderung, aber manchmal recht einfach zu lösen. Um es deutlicher zu machen, hier ein ausführliches Beispiel:

Sie möchten im August Dresden besuchen. Schreiben Sie an die Touristeninformation:
– Warum schreiben Sie?
– Informationen über Film, Museen usw. (Kulturprogramm)?
– Hoteladressen?

Als Lösung immer die Sätze nehmen, die man vorfindet, und diese verarbeiten, indem man die Person ändert und das Verb anpasst. Diese Beispiel ist einens der häßlichsten, weil es wenig solcher schönen Sätze hat. Oft ist der Text länger. Aber zumindest kann man schreiben:
"Ich möchte im August Dresden besuchen". Einfach der Regel folgend immer die Person ändern und das Verb anpassen. Oft sind mehrere solcher Sätze da. Das ist reines Copy & Paste.
Wie geht es weiter: "Ich möchte Informationen über Film, Museen usw." oder "Haben Sie Informationen über Film, Museen usw?"
"Ich möchte Hoteladressen" oder "Haben Sie Hoteladressen?"

Es geht ja nicht um einen Schönheitswettbewerb. IMMER die goldene Journalistenregel einhalten: kurze Sätze! Denn lange Sätze sind fehleranfällig, insbesondere für Leute mit A1 Level.

Und zum Schluss noch ein "Vielen Dank!" unter die drei Inhalte und vor dem Abschluss. In seltenen Fällen passt das nicht, aber in den allermeisten passt es inhaltlich. Sieht man dann ja schon. Gibt vielleicht noch einen Extrapunkt, denn eigentlich gibt jeder Inhalt drei Punkte und man soll für jeden Inhalt bis zu 30 Wörter schreiben, was faktisch unmöglich ist. Also noch die Bonusfloskel drunter für einen Abstauberpunkt.


Puh. Jetzt erstmal Pause. Danach noch 15 Minuten Sprechen, was allerdings weniger lang ist als befürchtet. Denn man sitzt mit bis zu 3 anderen Delinquenten im Raum, am Tisch mit zwei Prüfern (damit zwei Prüfergebnisse vorliegen, die dann später gemittelt werden).


d) Sprechen
Eigentlich der einfachste Teil. Andererseits für Asiaten besonders eklig. Zum einen ist die Aussprache schon sehr verschieden zur eigenen Muttersprache. Außerdem blamiert sich der Asiate einfach ungern vor anderen.

Das Sprechen besteht aus zwei Elementen. Zunächst stellt sich jeder Schüler nach einem festen Raster vor und danach muss er seinen Namen (oder auch seinen Ort) buchstabieren und seine Telefonnummer ziffernweise aufsagen. Alphabet und Ziffern werden hier abgefragt.
Danach werden Kärtchen verteilt, die eine Themenrubrik (z.B. Familie, Gesundheit) haben und ein Bild oder einen Begriff (etwa eine Tasche oder das Wort "kaufen"). Man muss eine Frage mit dem Kärtcheninhalt stellen und der Gegenüber muss eine Antwort geben. Die Standardantwort ist "ja, gerne".

Welche Strategie hatten wir:
Hier haben wir vollständig vorab gelernt. Das ewige Wiederholen der eigenen Vorstellung "Mein Name ist x, ich komme aus, ich bin x alt, ich spreche x, ich bin xBERUFx". Das muss schlafgewandelt kommen. Wer da nicht die volle Punktzahl macht, gehört geschlachtet.

Es gibt 11 Kategorieren und etwa 10 Wörter in jeder Kategorie. Diese liegen als Listen vor. Es gibt sogar für jedes Wort eine beispielhafte Frage. Wir haben die allermeisten Wörter auf wenige Fragesätze reduziert und die gelernt. Gegenstände kann man meistens kaufen. Also "Wo kann ich xx kaufen?" war eine unserer Standardfragen. Wo kann ich xx kaufen?, Wo kann ich yy kaufen?, Wo kann ich z kaufen? Wie bei Behinderts unterm Sofa.

"Können Sie mich zum xx bringen?" haben wir für die Orte verwendet, z.b. Bahnhöfe, Züge usw. Mit ein paar solche schlauen einfachen Sätze kann man also bereits einen Großteil der Wörter abdecken. Ein paar weitere sind relative Einzelgänger, aber auch da kann man zusammenfassen. Für Fenster und Türen und Taschen und Kisten und ähnliches hatten wir "zumachen", also "Können sie bitte xx zumachen?". "Reparieren" kann man ebenfalls sehr viel, also Autos, Radios, Uhren usw. "Können sie bitte xx reparieren?" Und was jetzt immer noch nicht passt, wird entweder auswendig gelernt oder mit dem Mut zur Lücke ignoriert.


Damit ist die Prüfung beendet, und wer so wohlhabend und clever war, den Goethes nochmal 500 Baht in den Rachen zu schmeissen, kann nun auf die Ergebnisse bis zum Nachmittag warten. Der restliche Pöbel ohne Schmiergeld darf sich noch bis zu fünf Tage gedulden. Ab dann stehen die Ergebnisse auf der Webseite von Goethe hinter einem Passwortschutz verborgen zum Abruf bereit.

Die Prüfung bestanden hat jeder, der mindestens 60 von 100 Prozent erreicht. Das entspricht einer Note 4 im Goethe-Universum, was aber niemanden interessiert. A1 Zertifikat haben oder nichthaben, das ist die einzige Frage.


Soweit unsere persönliche A1 Story. Unsere Prüfung war vor wenigen Wochen Mitte Mai.




...und wie ist die Geschichte ausgegangen?





SÄMTLICHE Kursteilnehmer dieses Goethe-Superintensivkurses haben bestanden!
Die Prozentwerte lagen bei knapp über 60 Prozent bis zu einmal 90 Prozent. Meine Freundin hat 70 Prozent erreicht und damit ihr A1 Zertifikat erhalten.
Ich freue mich und werde einen Teufel tun, das zu hinterfragen :)
Das Thema A1 ist damit für uns abgehakt. Für wen das nicht gilt und wer noch weitere Infos braucht, dem stehe ich gerne Rede und Antwort.

Hier das ganze Übungsmaterial des Goethe Instituts inkl. Hörproben:
www.goethe.de/lrn/prj/pba/bes/sd1/mat/deindex.htm

euer
sandfloh
 

Patty

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Da habt ihr euch ja viel Arbeit gemacht :daumen
Wobei einem kann ich dir nicht zustimmen, nämlich dass es leichter ist in Thailand , unter Thai's , Deutsch zu lernen!
Es ist wesentlich leichter, wenn man in dem Land lernt, dessen Sprache man erlernen will !
Das hat auch meine Frau gesagt , da man gezwungen ist, Deutsch zu sprechen Und auch sehr viel auf Deutsch hört, auch wenn man es noch nicht versteht !
 
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sandfloh

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@sandfloh , nein meine hat schon seit 2 Jahre B1 und auch dafür keinen Diamant Ring bekommen, obwohl gehabt hätte sie schon gerne einen :bigsmile

Kleiner Nachtrag: Die schlaue Maus aus unserem Kurs hat übrigens glatt ihre 90 Prozent im Test gemacht und sich damit zuhause ihren Anspruch auf den Diamanten verschafft. Was für eine geile Punktlandung :)
 

sandfloh

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Da habt ihr euch ja viel Arbeit gemacht :daumen
Wobei einem kann ich dir nicht zustimmen, nämlich dass es leichter ist in Thailand , unter Thai's , Deutsch zu lernen!
Es ist wesentlich leichter, wenn man in dem Land lernt, dessen Sprache man erlernen will !
Das hat auch meine Frau gesagt , da man gezwungen ist, Deutsch zu sprechen Und auch sehr viel auf Deutsch hört, auch wenn man es noch nicht versteht !

Du hast völlig recht. In Deutschland würde sie gutes Deutsch in intensiver Dosierung lernen. Was ich total unterschätzt habe, war der Umfang von A1. Das geht in dieser kurzen Zeit nur mit einem solchen Bootcamp-Kurs. Außerdem spreche ich selbst mit meiner Freundin englisch und sonst hatte sie einfach zu wenig Kontakte in den zwei Monaten ihres Deutschlandaufenthalts.

Sobald sie wieder hier ist, wird das geändert. Und sollte sie jemals einen Job in Deutschland haben, wird das Ratzfatz sitzen. Da bin ich mir sicher. Auch wenn es mir eigentlich gar nicht passt und ich mich mit meiner eigenen privaten Sprache ganz wohl fühle, in die ich mich zurückziehen kann :)

sandfloh
 

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SÄMTLICHE Kursteilnehmer dieses Goethe-Superintensivkurses haben bestanden!

WOW! Das ist aber interessant, das kenne ich von früher eher anders. Ich habe mal einen Sprachkurs gemacht bei einem thailändischen Doktor der Germanistik, also schreiben, lesen, sprechen und da kann ich nur den Hut ziehen, wer da A1 Deutsch auf Anhieb schafft. Dieses "A1" Thai war heftig, vor allem konnte ich mich dann in meine Frau hineinversetzen, die da oftmals um die Ecke denken muss, wenn sie Deutsch spricht.

Es geht ja dann hier in DE weiter bis zum B1, das ist aber alles machbar, wenn man dran bleibt. So schlecht sind die VHS nicht, evtl. muss man da auch mal in eine andere Stadt gehen. Meine Frau musste - damals ohne Verpflichtung - mehr oder weniger "freiwillig" weitermachen (Big Boss hat entschieden :D) und nach dem ersten Murren entwickelte sie eine Eigendynamik, so dass man schon mal bremsen musste. Ich selber habe nicht unterrichtet, obwohl ich selbst ab und zu Schulungen gebe, aber bei einer Ehefrau ist das anders wie bei Kollegen, muss ich mir nicht antun und meine Frau auch nicht. - lol.

Ein kostenfreier interaktiver Sprachkurs gibt es auch hier - der war schon damals recht hilfreich:

Deutsch Interaktiv | DW.COM
 
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sandfloh

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Noch eine Anmerkung zu dem Aufwand, den wir getrieben haben:
Man kann natürlich auch einfach ins offene Messer rennen. Aber gerade, wenn man Superintensiv bucht und die Sache aggressiv angeht und man Geld investiert, sollte man sich keine dumme Schwäche erlauben. Jede zeitliche Verzögerung kostet meine Freundin echte Lebensenergie. Das zu sehen schmerzt einfach. Ich habe sie in den letzten Monaten ordentlich rangenommen mit diesen Herausforderungen. Aber nun ist es geschafft, den Sieg und das Dokument nimmt ihr keiner mehr (ist allerdings nur ein Jahr gültig, bis dahin muss ich sie wohl heiraten :) ). Jetzt können ruhigere und angenehmere Zeiten für sie kommen. Ich habe ihr schonmal vorsorglich verboten, zuzunehmen :)

Ich selbst habe vor langen Jahren mal einen TOEFL Englischtest mit einer gewissen Benotung gebraucht. Auch dafür gab es Übungsmaterial und man konnte sich gut vorbereiten. Was im Ergebnis sicher einen spürbaren Notenunterschied macht, auch wenn die Gesamtleistung in Englisch dadurch vielleicht nur minimal durch das Üben verbessert wurde. Letzendlich finde ich das Verstehen und Beherrschen von Systemen einfach auch spannend. Bin eben ein Analytiker und Stratege. Und natürlich Mr. Love himself. Und Supermann. Und Hulk :)
 

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